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Brief (Transkript)

Herbert und Hannelore V. aus Buckow an Hermann S. nach Marbach am 21.08.1964

 

Buckow, am 21. 8. 1964

Lieber Bruder S.!

Haben Sie herzlichen Dank für Ihren Brief vom 14. August. Wir haben uns alle miteinander sehr gefreut, daß die Zeitung regelmäßig bei Ihnen ankommt. Ich war schon sehr in Sorge und habe die letzte“Kirche“als Doppelbrief an Sie geschickt. Das ist ja aben nun nicht mehr nötig, wenn die Zeitung auch als Drucksache gut ankommt. Außerdem freut uns sehr, daß Ihnen die Zeitung gut gefällt. Wir meinen auch, daß sich der Chefredakteur, Gerh. Johann, der zum Kuratorium der Gossner-Mission gehört, tüchtige Mühe mit der Zeitung gibt. –

Das Heinz-Dieter M. noch keine konkreten Angaben über das Herbsttreffen hat, wundert mich eigentlich. Ich meinte in der Dienststelle gelesen zu haben, daß mindestens 5 Leute von uns feststehen. Dazu gehören Willib. Jakob, Gutsch und ich. Hoffentlich klappt alles!

Was Walter H. Ihnen berichtet hat stimmt und stimmt auch wieder nicht. Der Kassenstand, der nur knapp über dem Nullpunkt lag, hat sich inzwischen wieder etwas erholt. Klar ist, daß wir noch niemals Rücklagen hatten, die es uns ermöglicht hätten, uns für ein Jahr finanziell abzusichern. Wir leben also immer mehr oder weniger von der Hand in den Mund. Wir nehmen an, daß der schlechte Kassenstand zu einem großen Teil daran lag, daß wir dem letzten Rundbrief an unseren Freundeskreis (wir verschicken zwei im Jahre) keine Zahlkarten beilegen durften.
H.s zweiter Eindruck, daß unser Ansehen innerhalb der DDR-Kirche immer mehr sinke, stimmt zu einem großen Teil, wenn man die Theologenschaft als Kirche bezeichnet. Wir werden von dieser Seite oftmals angegriffen und verdächtigt, weil man sich nicht die Mühe macht, sich ernsthaft mit unserer Arbeit und unserer Konzeption zu beschäftigen. Es ist einfacher, uns unbesehen in ein Schubfach einzuordnen, als mit uns zu reden. Trotzdem sind wir keinesfalls allein, aber wir legen auch keinen gesteigerten Wert auf ein gutes Ansehen innerhalb und außerhalb der Kirche, denn wir möchten „Unruhestifter“sein und bleiben.

Soweit meine Beantwortung. Das „übrige“ mag mein Weib schreiben!

Mit herzlichen Grüßen, in der Hoffnung auf ein Wiedersehen
im September, bin ich Ihr
Herbert V.


Liebe S.s!

Wie Sie gelesen haben, bin ich nun also dran.
Sie schreiben so nett über Ihren schönen Urlaub. Wenn’s bloß bei uns erst so weit wäre! Wir stehen ja jetzt mitten in der Saison, und 45 – 50 Gäste wollen versorgt sein. Da haben wir unser Tun, das können Sie uns glauben, denn außer meiner Mutter und mir hilft uns nur noch eine alte Frau von morgens 8.00 Uhr bis nach dem Mittagessen. Und dann die drei Buben …. Aber es ist ja gut für die Linie, wenn man immer in Trab gehalten wird!
Vor drei Wochen etwa war bei uns allerhand los. Es war (bei Ihnen ja auch) eine unvorstellbare Hitze, wochenlang. Dann aber kühlte es ganz plötzlich von 37° im Schatten auf 12.° ab. Diesen Umschwung vertrugen viele Leute schlecht, uns so hatten wir unter unseren Gästen sechs, die mit Halsentzündung, Kopfschmerzen und sehr hohem Fieber im Bett lagen. Das gab also zusätzliche Arbeiten: Arztbesuche, Diätkochen, Arznei verteilen, Wadenwickel machen, desinfizieren usw. Glücklicherweise war es aber nichts Schlimmes und war nach wenigen Tagen wieder vorbei. Als diese Leutchen so einigermaßen wieder auf den Beinen waren, legte sich unser Friedemann, der Älteste. Nach 2 Tagen packte es Tobias, den Jüngsten, und nach 2 weiteren Tagen schließlich meinen Mann und den Christfried. So hatte ich mein Lazarett beisammen! Gottlob sind wir, meine Mutter und ich, gesund geblieben, und so konnte der Betrieb weitergehen.
Mein Mann hatte, als er krank wurde, 8 Wochen Fiedelbau hinter sich und war ganz schön k.o. Er freute sich darauf, nun 4 Wochen kürzer treten zu können und die viele liegengebliebene Verwaltungsarbeit nachzuholen. Aber denkste! Am Anreisetag der Teilnehmer an der Gestaltungsrüstzeit mit Herbert S. legte sich unsere Mitarbeiterin, die diese Rüstzeiten sonst hält, mit einer schweren Venenentzündung ins Bett, und so muß mein Mann nun, wahrscheinlich bis Mitte September, alle Rüstzeiten selbst halten, 14 Wochen ohne Unterbrechung! So können Sie meinen Stoßseufzer vom Anfang verstehen: „Wenn nur bald der Urlaub winkte!“
So Gott will, wollen wir im Oktober Urlaub machen und an die Ostsee fahren. Auch der Herbst ist wundervoll an der See, und vor allem ertreten sich die Urlauber nicht mehr am Strand.

Sonst geht auch bei uns alles Normal. Der Garten hat uns trotz der großen Trockenheit schon allerhand Gemüse und Obst geliefert, und er verspricht auch noch eine Menge Äpfel und Birnen.
Die Kinder bereiten uns große Freude. Unser Tobias, 15 Monate alt, macht schon alle Dummheiten nach, die ihm seine großen Brüder vormachen. Und sie hängen aneinander, die drei, wie Kletten, obwohl es natürlich auch manche Faustkämpfe gibt. Letztenendes kommen sie dann doch gleichermaßen schmutzig und hungrig und glücklich aus dem Garten herein und vertragen sich wieder.

Für heute mag’s genügen. Mein Bettzipfel winkt, Sie merken das an den vielen Tippfehlern!

Bleiben Sie miteinander Gott befohlen und vielmals gegrüßt

von Ihrer Hannelore V.

 

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