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Brief (Transkript)

Hans-Eberhard K. aus Wainsdorf an Paul N. nach Münster am 29.07.1990

 

Wainsdorf, den 29.7.1990

Liebe Elisabeth, lieber Paul u. Peter!

Schnell ein paar Zeilen von hier. Uns geht es im allgemeinen gut. Ständig gibt es Änderungen und neue Sachen kommen hinzu. Naja der Mensch ist eben ein Gewohnheitstier! Unsere Uroma hat sich vom irdischen Leben abgemeldet, dazu noch paar Tage vor der Währungsumstellung. So hatten wir doppelte Lauferei. Das harte Geld ist da, so können wir auch Waren erwerben was ewig ein Traum war. Jeder spürt wenn er ehrlich ist schon Verbesserungen. Viele Menschen sehen nur noch schwarz! Ich denke an die Umtauschhöhe, ist doch bestimmt nicht schlecht gemacht worden. Viele Zwangsmaßnahmen sind verschwunden, z.B. mit den Briefmarken. Was wir jetzt alles miterleben war vor 1 Jahr nicht vorstellbar. Es ist selbstverständlich, daß sich auch unliebsame Dinge einschleichen. Recht herzlichen Dank für die netten Urlaubsgrüße vom Peter. Die Wende ist fast Geschichte und die Einheit ist in Sicht. Noch haben wir alle Arbeit, nur Edeltrud wird wohl in Rente gehen müssen. Auf meine Arbeitsstelle fehlen auch schon sehr viele, es erscheint alles unheimlich, mein persönlicher Einsatz während der gefährlichen Tage ist mir nach der Wahl belohnt worden. Mehr eine Ehre bin als stellv. Bürgermeister vorgeschlagen worden, nun bin ich schon als Urlaubsvertretung einsprungen. Alles Neuland, es fällt mir nicht schwer, nur mein Zeit reicht kaum noch aus. Mit dem Geld verdienen wird schon werden! Wir sind ja alle vielseitig im Sozialismus erzogen worden, besser gezwungen wurden. Die Corina sitzt neben mir, sie füllt Anträge aus! Viele Einwohner drängen auf ein priv. Friseur, die Corina will einsteigen, da müssen wir wieder umbauen! Die Elisa rennt wie ein Hase. Sind beim Scheunendach decken. Was macht Ihr alle so! Ein schlimme Sache ist, die Erzeugerbetriebe müssen ihre Ware selbst verkaufen od. verderben lassen und in den Geschäften fehlt es od wird zu überhohen Preisen angeboten, obwohl die Preisanordnung von Euch Gültigkeit hat. Es sitzen noch zu viele alte Genossen jetzt als Parteilose in wichtigen Stellen die nicht wollen. So bin ich noch sehr viel auf Achse. Viele Betriebe entlassen laufend Arbeiter, gehen aber mit Sicherheit zu Grunde.
Zum Schluß noch eine wichtige Bitte!
Lieber Paul, sprich doch mal so schnell wie möglich mit Toni u. Ihrem Mann, wie die gesetzlichen Maßnahmen od. Vorschriften bei Errichtung von Fenstern auf Grenzbebauungen vorsehen. Mein Nachbar, ein alter Stalin aber die Vorfahren auch schon, beabsichtigt normale große Fenster einzusetzen. Wir sind fast 4 m von der Grenze ab und haben auch Fenster in gleicher Richtung, muß ich bedingungslos unterschreiben. Hier lautet das noch Güldige wenn kein Nachteil entsteht, usw. kann die zuständige Baukommission genehmigen. Wir sind ja keine Leute zum Streiten. Es müßte doch bautechnisch Kompromisse geben. Mit dem anderen Nachbar ist mein Nachbar ständig Kunde am Gericht, ist doch nicht mein Fall.
Zur Information. Grundstück des Nachbarn 40 m breit
Hausgrundfläche 7m x 25m Höhe ca 6,5 m

[Skizze der Häuser]

Aus Holland erreichte uns die traurige Mitteilung, das die Frau verstorben ist. Vorrige* war der Herr mit Tochter plötzlich hier aufgekreuzt. Haben uns über den Besuch gefreut. Bedauern es nun, daß wir damals den Wunsch der Frau nicht erfüllt haben.

Für heute genug und viele Grüße an alle
Hans-Eberhard u. Familie

Schreibt bitte bald!!

*Woche

 

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