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Brief (Transkript)

Familie F. aus Salzkotten an Familie H. nach Leipzig am 25.05.1981

 

Oberntudorf, den 25.5.1981

Liebe Frau H., lieber Herr H.!

Wir dürfen uns zunächst sehr, sehr herzlich bedanken für Ihre lieben Zeilen, durch die wir doch wieder einiges von Ihrem Leben, Ihrer Arbeit, Ihren beruflichen Plänen, Aussichten und dem Wohlergehen der ganzen Familie erfahren durften. Unser nächster Dank, ein ganz besonders herzlicher Dank, gilt Ihnen für die beiden Schallplatten, die Sie uns, ich befürchte, unter finanziellen Opfern, zugeschickt haben. Daß die eine Platte Weihnachtslieder bringt, freut uns schon deshalb, weil sie vom Thomaner-Chor unter Leitung des berühmten Thomas-Kantors Mauersberger dargebracht werden. Sowohl der Chor als auch der Kantor sind ja weltberühmt und die Schallplatte von daher von großem Wert. Heute singt der Chor ja unter der Leitung eines neuen Dirigenten. Ebenso wertvoll die Schallplatte mit den Aufnahmen von Peter Schreier, der ja auch hier bei uns so berühmt ist wie bei Ihnen und überhaupt in der weiten Welt. Wir sahen neulich im Fernsehen ein Portrait mit Interview von ihm, das das westdeutsche Fernsehen in seiner Villa bei Dresden aufgenommen hatte. Er hat ja den Vorzug, ein unbegrenztes Visum zum Aus- und Einreisen, wohin auch immer, zu besitzen. Also, wenn seine Kinder Fragen oder Wünsche in bezug auf Besuche von Verwandten oder Bekannten im Westen hätten (wie Ihre Kinder), da würde er kaum in Verlegenheit kommen. – Man müsste halt ein Peter Schreier sein. Aber wenn der liebe Gott will, wird vielleicht auch mal ein Besuch der Familie H. bei den F.s möglich – wer weiß das jetzt schon. Wir würden Sie jedenfalls bei uns herzlich willkommen heißen. Platz wäre genug in unserem Häusel und viel Wald und Wiesen zum Spielen und Toben für Anne-Maria und Matthias.
Wie freuen uns für Sie, liebe Frau H. und lieber Herr H., daß Sie einmal einen gemeinsamen Winterurlaub verlebt haben. Oberwiesenthal am Fichtelberg ist uns auch ein Begriff und wenn Sie noch Schnee hatten, somit die Möglichkeit zum Skifahren hatten, waren es gewiß wunderschöne Tage, die Ihnen wieder Kraft für den Alltag gaben. Daß Sie, liebe Frau H., wieder versuchen wollen, in den Schuldienst zu gehen, finde ich gut. Die Möglichkeit, die Kinder betreuen zu lassen, ist ja bei Ihnen drüben sehr gut. Ich weiß nicht, ob es bei uns diese Kinderkrippen in der Form gibt, daß die Kinder von früh bis spät dort betreut werden. Vielleicht gibt es das in Großstädten, jedenfalls nicht bei uns auf dem Lande.
Unsere Tante, die ja bisher im Krankenhaus in Wurzen lag, ist jetzt in einem Pflegeheim in Nischwitz bei Wurzen untergebracht. Sie wird am Pfingstsonntag 89 Jahre. Sie fühlt sich dort gar nicht wohl und hat nur den Wunsch, wieder in ihrer Wohnung sein zu können. Aber das wird nicht mehr möglich sein in ihrem Zustand. Sie selbst ist nicht mehr in der Lage zu schreiben, wir werden aber von einer Bekannten von ihr, die ebenfalls dort untergebracht ist und geistig noch sehr rege ist, über alles auf dem laufenden gehalten. Man kann leider nicht viel für die Tante mehr tun.
So, mein Mann wird noch etwas an Sie schreiben, ich will schließen und Sie alle sehr herzlich grüßen,
Ihre Brunhilde F.

 

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