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Brief (Transkript)

Heinz Rahe an seine Ehefrau am 21.08.1941 (3.2002.0985)

 

Nr.39

den 21.8.41



Meine geliebte Ursula!

Leider kann ich Dir noch gar nichts Neues berichten, aber einen kleinen Gruß sollst doch von mir haben, schon allein deshalb, weil ich eine zweite Flugpostgelegenheit versuchen will. Wie ich hörte, soll von hier aus fast jeden Tag ein Flugzeug nach Deutschland fliegen. Da kannst Du doch vielleicht noch zum Sonntag diese Zeilen erhalten. Soeben ist Drangmeister aus der Hafenstadt X zurück. Als Hamburger war er bitter enttäuscht. Hauptmann Mehl hatte ihn schon beneidet um die bemalten Mädchen, die es da geben sollte. Man war hier der Ansicht, daß nicht der richtige Mann nach X gefahren sei. Uhl als Lebemann hätte sicher mehr davon gehabt. Er ist ein großer Feinschmecker und auch sonst kein Kostverächter. Heute mittag sprachen wir über das Verhältnis Soldat – Frau im Kriege. Unser Hauptmann R, der Zahnarzt ist und aus der Kirche ausgetreten, hatte für das Treiben in Rumänien und andernorts kein Verständnis. Mehl vertrat den berühmten „Gesundheitsstandpunkt", machte im übrigen einen großen Unterschied zwischen den primitiven, einfachen Leuten und denen seines Schlages. Im Prinzip läuft beides natürlich auf dasselbe hinaus. Doch was soll ich Dir das alles erzählen? Unser Fliegerhptm. bog bald das Gespräch ab, da er es wohl nicht sehr schätzte. Er ist ja sehr vielseitig. Und deshalb imponiert er als aktiver Offizier mir sehr, obwohl er äußerlich nicht besonders schneidig aussieht. Sehr viel gepflegter ist ohne Zweifel Uebel. Weißt Du, er ist einer von den Menschen, die heute eigentlich keine Daseinsberechtigung mehr haben: man könnte ihn einen Epikureer nennen. Darum ist er keineswegs radikal. Wir laufen jetzt ja meist nur in der Badehose herum. Er trägt dazu auch um den Hals ein goldenes Medaillon mit der Aufschrift "Gott beschütze Dich". Sicherlich ist darin ein Bild von seiner Frau und den beiden Kindern. Als er gestern von einem Soldatenbegräbnis sprach, klang es ganz selbstverständlich, daß er auch ein Gebet dazu gesprochen habe, das Vaterunser. Er wird wohl auch noch ein regelmäßiger Kirchensteuerzahler sein.-- Ja, so ist es! Man erlebt nichts und kennt dann nur das Essen und die lieben Mitmenschen.-- Gestern abend aßen wir Rehrücken mit Gurkensalat, hinterher Apfelmus. Anschließend erzählte der Fliegerhauptmann sehr interessant von England-Flügen und eigenen Friedenserlebnissen. Man hat mir jetzt den Posten übertragen, für Verpflegung zu sorgen. Eine höchst unerfreuliche Sache! Es kommt jetzt bei der Hitze ja so sehr vieles um. Aber man kann das gar nicht verhindern. Es fehlt die Gelegenheit, etwas zu kühlen. Die viele Wurst, die wir gestern bekamen, war schon halb schlecht. Heute muß man sie wegwerfen.
Dieser Tage habe ich meinen Fuß eifrigst geschont. Etwas gebessert hat er sich schon. Man hat ja so viel Zeit!
Nun leb' wohl, mein Lieb. Grüße die Geslauer von mir, vor allem aber sei Du von ganzem Herzen gegrüßt von

Deinem Heinz

 

 



Ansicht des Briefes

 

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