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Brief (Transkript)

Hubertus Grove an seine Eltern am 2.5.1941 (3.2002.0346)

 

,den 2. Mai 1941



Meine Lieben,

das Schicksal, bezw. der Spiess, hat es gewollt, dass ich von gestern auf heute Wache hatte, und somit bei der Aufstellung der Paradekompanie für Athen heute morgen nicht berücksichtigt wurde. Na, das ist nun einmal persönliches Pech, oder Glück, je nachdem, wie man es nun auffassen will. Nehme ja an, dass die Parade vor dem Führer und dem Duce auch morgen ohne mich klappt. Möchte gern mal wissen, wie sich der Benito dabei fühlt. Dessen Haufen wäre nie und nimmer hier durch gekommen. Heute morgen sollen durch Korinth schon allerhand Italiener gekommen sein von Westen Richtung Athen. Sind wohl hier irgendwo in der Gegend gelandet. Jetzt sind sie da. Das heisst eigentlich waren sie sogar vor uns hier. Allerdings als Gefangene. 2000 von der Sorte waren hier in Korinth untergebracht, warten jetzt darauf, dass sie wieder heimkommen. Während also ein Teil der Kompanie in Athen ist, sitzen wir hier rum und langweilen uns. Ich lobe mir doch noch den Krieg in Mitteleuropa. Die Läden hier leer, wie schon geschrieben; die Hotels belegt von uns oder als griechische Lazarette, werden allerdings jetzt so langsam ausgeräumt. Bier gibt’s in dieser ulkigen Gegend nicht, der Wein taugt nichts. Ja, was willst Du da noch anfangen Lutraki, ein Kurort, ist leicht gesagt; die einzige Kur, die wir zur Zeit hier machen, ist eine Hungerkur. Wir haben allerdings so ein paar Boote klar gemacht, damit fahren wir hier auf der Bucht spazieren, und bestätigen uns damit in unserer neuen Bezeichnung, die ein Kamerad prägte, als Amphibiensoldaten, Soldaten in drei Regimen. Der Krieg ist hier so gut wie vorbei. Im Westen gab es gestern morgen noch einmal eine halbe Stunde lebhafte Ballerei, da hat man wohl noch in so irgendeinem Gebirgsnest ein letztes Widerstandsnest ausgehoben. Der Tommy lässt sonst gar nichts von sich mehr merken, etwa durch Luftangriffe oder dergleichen. Er muss bei der Luftwaffe hier in Griechenland tatsächlich ganz unverschämte Verluste gehabt haben. Es klingt vielleicht unglaublich, aber es ist Tatsache, dass ich hier noch nicht ein einziges englisches Flugzeug gesehen haben. Auf unserem Ausflug hat man einmal mit dem MG etwas nach uns geschossen, aber von Jägern oder dergleichen keine Spur; und hier bei Korinth noch viel weniger. Dass wir da waren, wussten sie ja; aber es hat sich nicht einmal ein Aufklärer sehen lassen, um nachzusehen, was los, es sei denn, dass er vielleicht von unseren Jägern oder Zerstörern vorher runtergeholt wurde, das wäre ja möglich, davon weiss ich nichts. Wie Ihr seht, ist also meine Nachtruhe besser gewährleistet als Eure, wenn Ihr auch etwas weiter weg sitzt. Was allerdings hier auf dem Peloponnes los ist, weiss ich beim besten Willen nicht. Das letzte Mal, das ich überhaupt irgendetwas gehört habe, war in Bulgarien, und dann haben wir noch mit einem Kofferradio den OKW-Bericht vom 27.4. aufgenommen. So durch Zufall hörte ich dann heute morgen, das morgen in Athen eine schaurige Parade wäre. Mein geistiger Horizont reicht sonst über den südlichsten Teil der Bucht von Korinth nicht hinaus, vielleicht bringen die morgen Abend, oder übermorgen mal ein paar deutsche Zeitungen und Illustrierten mit.
Habe mir soeben eine neue Zigarette angesteckt. Junge, Junge, hoffentlich gibt es bald was neues. Unverschämte griechische Lazarettbestände liegen hier noch, aber da darf keiner ran, im Gegenteil, wir stellen noch die Wache dafür. Das sind die Repressalien dafür, dass die Schweine unsern Gefallenen noch die Trauringe abziehn. Diese verfluchte Rücksichtnahme, der Deutsche ist und bleibt doch eben mal ein gutmütiger Michel. Erst schiesst die Saubande mit Explosivgeschossen, dass bei Kopfschüssen die halbe Gesichtshälfte wegfliegt, Stahlhelme liegen hier teilweise auf den Gräbern von Fallschirmjägern, da klebt das halbe Gehirn noch drin, und jetzt stellen wir unsere Wagen zur Verfügung, damit sie ihre Gefangenen und Verwundeten heimkriegen. Ersäufen sollte man die ganze Bande. Klauen wie die Raben und bescheissen Dich schlimmer als die Juden und lispeln: gut Germanski. Gestern morgen verkaufte einer hier Milch und fand natürlich reissenden Absatz, heute tauchte er wieder auf, alles mit Wasser verpanscht zu einem höheren Preis als gestern, ich habe ihn darauf gleich zum Tempel rausgeworfen. Wenn er morgen wieder auftaucht und hat keine saubere Milch, fliegt der Kerl die Treppe runter. Der berüchtigte orientalische Schacher fängt hier überall schon an. Man darf keinen Preis bezahlen, dann werden sie gleich unverschämt und schlagen auf. Die Lumpen schwören Dir bei Gott und allen Heiligen, dass sie dabei nichts verdienten, das Du bei solchen Preisen ihr Geschäft ruinierst und hinterher freuen sie sich, Dich einmal wieder schwer über den Löffel gehauen zu haben. Einer kaufte eine Sonnenbrille und bezahlte 25 Drachmen, eine halbe Stunde später bezahlte ein anderer dafür im selben Geschäft 40. Aber dann kommen die Kerls an und erklären Dir, dass nur die Italiener Ihnen so unsympathisch wäre, die Deutschen, oh, sind ihre besten Freunde- Ein englischer General, der hier in Griechenland stand, hat dieses Volk hier treffend gekennzeichnet, mit den Worten: „Der Grieche ist der beste Patriot und der größte Verräter.“ Ich glaube, er hat recht. Allerdings ist das hier wohl bei allen Völkern so auf dem Balkan, taugen tun sie alle nichts. Anbei liegt nun noch ein Bild von der einzigen Brücke über den Kanal von Korinth, der Sprengung wir nicht verhüten konnten. Sie ging im letzten Moment, schrieb es wohl schon in die Luft, und mit ihr unser PK-Mann, einschließlich Kurbelkasten. Die Ufa-Wochenschau kam so wieder um ihre Sensation. Wenn die Wochenschau doch noch ein paar Aufnahmen bringen sollte, werden die wohl überwiegend vom andern Bataillon stammen (wir waren mit 2 Bataillonen hier) die hatten auch noch so ein Würstchen von Kurbelkastenmann mit. Schätze, dass diese Nacht noch schlechtes Wetter gibt. Der Himmel hat sich zugezogen und es ist verflixt windig geworden. Das Meer macht einen Mordskrach. Na, fünf m darf es wohl noch steigen, ehe es in mein Zimmer läuft, kann ich ja ruhig zu Bett gehen und schlafen. Grüsse damit herzlich
Gute Besserung, Mutter
Euer Hubert

 

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