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Brief (Transkript)

Heinz Rahe an seine Ehefrau am 09.04.1940 (3.2002.0985)

 

Salzwedel, den 9.4.1940



Meine geliebte Ursula!

Im Mittelpunkt alles Denkens steht heute die Besetzung Dänemarks und Norwegens. Wir erfuhren davon, als wir vom Vormittagsdienst aus dem Gelände zurückkehrten. Ich muß doch sagen, daß mir am Sonntag dieser Gedanke, daß etwa Dänemark besetzt werden könnte, nicht gekommen ist, als wir die riesigen Truppenmassen durch Hamburg fahren sahen. Weißt Du noch, wie ich feststellte, daß diese Richtung nach Norden eingeschlagen hätten? Dieser neue, mich sehr überraschende Schritt hat mich in meiner Ansicht von der Festigkeit der Kriegsführung und der Entschlossenheit, um jeden Preis den Sieg zu erringen ohne Rücksicht auf irgendwelche Ressentiments, sehr gefestigt. Nach wie vor bin ich von der Überlegenheit einer so willensstarken autoritären Regierung fest überzeugt. Gleichzeitig muß ich sagen, daß ich es bedaure, nicht an der Besetzung des Nordens teilgehabt zu haben. Das kannst Du vielleicht nicht ganz verstehen, aber schließlich ist unser militärisches Dasein doch nur dann sinnvoll, wenn es sich nicht in solchem Dienst erschöpft wie meinem jetzigen. Wie wäre es, wenn ich jetzt in Kopenhagen säße?
Doch nun will ich Dir kurz das Wenige berichten, das ich erlebt habe. In meinem Zuge saß am Sonntagabend eine junge Dame, die ich bat, mich vor Salzwedel zu wecken. Ich schlief dann auch prächtig bis kurz hinter Uelzen. Dann fragte sie mich etwas ängstlich, ob ich auch meinte, daß der Krieg im August noch nicht zu Ende sei. Eine schwer zu beantwortende Frage! Sie erzählte dann, daß ihr Bräutigam SS-Junker sei und am Montag oder Dienstag Hamburg verlassen solle – wie ich jetzt annehme, auch nach Dänemark. Sie selbst hatte auf der Akademie in Leipzig studiert und vor einigen Tagen, nach 3 Semestern, ihr Examen gemacht. Gleichzeitig bekam sie den Befehl, sich in Kattowitz zu melden, um irgendwo im Warthegau oder Ost-Oberschlesien als Lehrerin eingesetzt zu werden. Da sie annahm, daß es dort noch nicht sehr ruhig sei, sah sie sehr dagegen an und war im allgemeinen nicht sehr rosiger Stimmung.
Ich konnte ihr ja nun auch wenig Trost zusprechen, drückte ihr aber zum Abschied die Hand und wünschte ihr eine gute Zukunft. Gegen 3 Uhr war ich hier. Natürlich war ich am andern Morgen schauderhaft müde. Auch war meine Stimmung nicht sehr erhebend, so daß sich doch auf seine Weise das Wort bewahrheitete: Der Mensch kann nichts so wenig vertragen wie eine Reihe von guten Tagen. Wir waren übrigens bei der Cheiner Mühle, die ich Dir vom Zuge her zeigte. Im Kasino wurde ich dann von den Kameraden begrüßt als tüchtiger Urlaubssoldat, was ich ihnen jedoch nicht übel nahm. Mittags fand ich auch allerlei Post vor, so 3 Antworten auf meinen Rundbrief: Griesemann, Thiele und Meiners. Heute nachmittag erhielten wir die Nachricht, daß morgen der kommandierende General kommt. Da mußte nun noch sehr viel vorbereitet werden, so daß ich nicht mehr zum Schreiben kam. Sonst hättest Du morgen von mir Post. Nach den Besprechungen fand ich hier ein Päckchen mit Zigaretten und Gebäck von der Rhoder Frauenhilfe vor, worüber ich mich sehr freute.
Nun bitte ich Dich, nochmals den Eltern meinen Dank für die schönen Tage auszusprechen, auch für die wunderbare Faust-Vorstellung, und grüße Dich sowie die Eltern und beide Schwägerinnen recht herzlich
Dein Heinz

 

 



Ansicht des Briefes

 

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