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Brief (Transkript)

Jakob Geimer an seine Ehefrau am 01.11.1944 (3.2002.0894)

 

O.U. (Ortsunterkunft) 1.11. 44


An meine liebe Frau und Kinder!

1. November, das ward mir erst heute morgen bewusst als ich zum Schießstand hinaus zog. So kamen wir an einem Friedhof vorbei. Vor dem Eingang stand eine riesige Menge Crysanthem, Astern und ein Berg von Kränze, Kerzen und andere Lichter gabs in rauhen Mengen. Ich mußte staunen daß die Bevölkerung hier so religiös ist. Beim Rückmarsch zogen sie in Scharen zum Friedhof hin. Hier haben die Leute noch ihre Feiertage wie sie im Kalender stehen. Hier ist auch manches anders als bei uns zu Hause.
Gestern las ich den W'bericht von Samstag und Sonntag. Daraus konnte ich lesen, daß Du längere Zeit im Bunker verbringen mußtest. Hier im Osten kennt man sowas nicht. Für uns ist das sehr zum Vorteil, wo wollten wir auch hin mit unserm Dienst, z.B. heute morgen war um 4 Uhr Wecken und es regnet was es nur konnte, hinaus mußten wir das ist im Dienstplan vorgeschrieben, naß wie ein Pudel kehrten wir zurück. Jetzt ist 1/2 1 Uhr mir knurrt der Magen wie einem hungrigen Löwen. Die Rauchwaren sind auch ausgegangen, so allmählich beginnt mein Dasein immer trauriger zu werden. Ich will hier kein Klagelied singen weil es doch keinen Zweck hat, ganz stur wie ein Ochse und dann geht die Zeit auch rum. Im Schwarzhandel kostet ein 3 pfündiges Brot nur 15 RM oder 30 Zloty ein Weißbrot dagegen nur 35 RM. Das ist für den der Geld genügend hat, nicht viel. Bitte schick mir eine braune Zulassungsmarke zu 100 gr. Süssigkeiten kann es nur Kandiszucker sein. Ich habe ein solches Verlangen danach, seit ich weg bin, hab ich kein Stck. Zucker oder Bonbons gesehen. Das ist mein einziger Wunsch den ich habe, das andere kannste freiwillig machen. Cigaretten oder Tabak gibt zusammen auch 100 gr. Jetzt mache ich mich fertig zum Essenempfang und nachher beginnt das Waffenreinigen. Ein Appell und Unterricht folgt dann bis ? 6 Uhr und dann ist Feierabend, zum Schluß noch ein Gruß und Kuss von Deinem lieben Mann. Das gleiche auch für unsere Kinder.
Dein Papa.

 

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