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Brief (Transkript)

Hans an Eugen am 21.3.1942 (3.2002.0211)

 

Rußland, 21. März



Lieber Eugen!

In den vergangenen Tagen habe ich Dir oftmals ein tapfereres David-Übel gewünscht. Daß dieses größere Goliath-Übel, daß Du nämlich Deine Zelte hier oben herauf verlegst, verschlingen möchte. In dem schönen Brief aus Köln fiel zwar das Wort ‘Ukraine’, doch auch das beunruhigt mich nach den neuesten Zeitungsmeldungen Mitte Februar. ‘angelus domini tecum!’ Wohin er Dich auch führt. Herrlicher, als ich dies wünsche, kann man gar nichts wünschen. - Meine Lage ist nach wie vor gefährlich. Wir sind noch immer nicht abgelöst, liegen in Stellung in der HKL gleich den Roten gegenüber. Aber die magische Vokabel ‘Später’ beginnt wieder glutvoller zu leuchten. Die Leichen, die man früher regellos auf einen Haufen warf, werden bereits, so gut es geht, aussortiert und über das halbe Tausend erschossener Juden hat man schon Kalk gefahren. Was im einzelnen noch hier geschah, - davon zu schreiben, ist nicht der rechte Ort. Und vor allem habe ich wenig Gelegenheit zu schreiben, sodaß ich mich bescheiden muß. Es geschah mit mir alles, was einem alleinstehenden Herrn, der auf ‘Rußlandfahrt’ geht, an Widerwärtigkeiten überfallen kann. Aber der Halt ging nicht fort dabei. Und was ich endlich an Erfahrung gewonnen, ist größer als das, was ich verlor. Morgen irre ich ein geschlagenes Jahr allein in der Steppe von W. herum, und heute verlor ich meinen Adju, der in ein Heimatlazarett überführt worden ist. So bin ich allein. Bei den Aufräumungsarbeiten werde ich ihn, der sehr praktisch veranlagt war, sehr vermissen. Etwa zwei Drittel von dem Kram, den ich zu beaufsichtigen hatte, ging durch Brand und Plünderung verloren. Was soll ich hier noch? Wie mich verteidigen können? ---- weil sie mich von dieser Aufgabe fortnahm und zu andern Wachen herangezogen, sind gefallen. Schließlich werde ich noch eingesperrt. Trotz meines guten Gewissens habe ich Sorgen. Wenn vorerst wenig [...] kommen kann, denn an Karten solls nicht fehlen. So weißt Du, daß es einfach nicht geht. Sei froh und wohl behütet!
In diesen ausweglosen Gebieten ruft
herzlich immer
Dein Hans.

 

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