Brief (Transkript)
Willi Winkler an seine Freundin am 16.03.1945 (3.2002.0914)
Pilsen, 16./III. 1945
Meine liebe kleine Ruth!
Ich hoffe Du hast meine ersten Grüße nach der Trennung erhalten. Da ich nun endlich beim richtigen Haufen gelandet bin, will ich Dir meine Erlebnisse und Gedanken schildern. -
Aus Tauß von der Genesungskomp. habe ich Dir ja wohl geschrieben. Nein entschuldige, ich habe den Brief hier in Pilsen geschrieben aber erst in Tauß abgeschickt. Es ging alles etwas schnell und plötzlich. In Tauß war ich beim Truppenarzt. Er hat mich weiter AV geschrieben. Am 1. Juni soll ich zur Nachuntersuchung. Zu meinem pers. Glück hat man mich gleich wieder nach Pilsen zurückgeschickt. Aber nicht zum Stab (Nachrichtenzug) sondern in den AV-Zug (Krüppelverein). Daß es im Lazarett besser war läßt sich nicht leugnen. Man kanns hier aber mit gutem Willen und viel Humor auch aushalten. Nachdem ich mich erst durch Überkleben alter Briefumschläge, zählen schmutziger Handtücher und Kartoffelschälen nützlich gemacht hatte, bin ich nun, da daß Wetter jetzt sehr schön ist im sogenannten Arbeitskommando gelandet. Unter Führung eines Uffz. arbeiten wir auf dem Pilsener Wirtschaftshof. Wir sagen dazu Stadtverwaltung.
Bis jetzt hatten die dort aber für uns noch keine Arbeit. Wir sitzen am Ufer der Rabusa und Klöhnen über die Schlechtigkeit der Menschheit. Also Sturheil. Bis 18.00h ist Dienst. Dann ging ich ins Soldatenheim essen. Ich muß mein Gehirn was im letzten Jahr bereits einige Anzeichen von Wachstum zeigte leider wieder in Watte legen. Ich bin überzeugt, daß es mir gelingen wird. Als Krönung werde ich dann wohl in den Obergefreiten-Stand treten dürfen, worauf ich mich schon jetzt brennend freue. - Etwas mehr würde ich mich allerdings über Arbeitsurlaub freuen (Du Dich auch, nicht wahr?) Ich habe mich gleich zum Rapport beim Chef gemeldet. Der Amtsschimmel kann antraben. -
Ruth was gibt’s bei Dir? Zwei Briefe habe ich aus dem Laz. nachbekommen. Vielen Dank! Ich hoffe daß bald neue ankommen.
Bis auf Weiteres grüßt und küßt Dich Dein Willi
Ansicht des Briefes
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