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Brief (Transkript)

Willi Winkler an seine Freundin am 29.07.1944 (3.2002.0914)

 

29./VII. 1944



Meine liebe kleine Ruth!

Ich dank Dir schön für Deinen Brief vom 25. Für die Zigaretten besonderen Dank. Gestern abend bekam ich Deine Karte. Ebenfalls schönen Dank für die Zeitungen. – Zur allgemeinen Zufriedenheit fand ich die bewußten Handschuhe in der Hosentasche. Willst Du sie per Post haben? –
Zu Deiner Beruhigung kann ich Dir berichten, daß es mir ausgezeichnet geht. Die Röntgenaufnahme zeigt einen guten Verlauf der Knochenheilung. Es ist wieder alles schön zusammen. Aber leider ein Stück kürzer. Auch die Wunden sind zu, nur die Fisteln sondern noch Eiter ab. Wenn das wilde Fleisch weggebeizt ist, siehts ganz nett aus. Die große Zehe läßt sich in Grenzen bewegen (die anderen sind stur, und wollen nicht mehr. Solln sie es bleiben lassen, geht ja auch so).
Nun ist meine kleine Ruth schon eine ganze Woche wieder fort. Weißt Du auch, daß ich Dir sehr viel Gutes schulde? In den 3 Wochen Urlaub warst Du schon so nett zu mir, und nun hast Du Deinen freien Tage an meinem Bette gesessen bezw. mich mit dem Wagen an die Luft gefahren. Aber das weißt du ja alles selbst. Wenn ich gesund bin und wieder arbeiten kann Ruth dann will ich alles gutmachen. Wir wollen beide hoffen, daß bald der Krieg zu ende ist. Weiter garnichts. Weiß Du alles andere werde ich dann schon machen. Wenn ich nur erst die grauen Klamotten aus habe. Es wird mir erst garnicht leicht fallen mich in ein geordnetes Leben zurückzufinden. Wenn man 2 ½ Jahr ohne Arbeit auskam und trotzdem gut gelebt hat. Und mit kleinen Ausnahmen habe ich das, so fällt einem ein planvolles Leben anfangs bestimmt nicht leicht. Aber gottseidank habe ich ein gutes Anpassungsvermögen. Und Ruth Du wirst mich ja wieder auf dem Wege zum Mitteleuropäer helfen und anspornen.
In Berlin gehts nun mal wieder rund. Wenn dieser Wahnsinn doch erst aufhört. V 1 ist in meinen Augen ein geringer Trost. Wenn man statt diesen Dingern Panzer oder Pakgeschütze gebaut hätte, wären die Roten jetzt sicher nicht kurz vor Ostpreußen, und in Landau bräuchte man ein paar Wohnhäuser weniger aufbauen. Was für den Endsieg entscheidender wäre dürfte klar sein. Meine Sorge ist nur, daß wir mit chemischen Kampfstoffen kommen. Die sich daraus ergebenden Folgen wären für unser Volk am furchtbarsten. Außerdem hätten damit alle Rechte aufgegeben.
Nun aber Schluß mit dem Thema.
Vielen Dank für Mixis Grüße, ebenfalls! Sonst ist doch wohl noch alles klar? Ruth Du mußt nun mal meine Eltern besuchen. Am besten mal einen Sonntagnachmittag!
Bis auf Weiteres grüßt und küßt Dich wie immer Dein lieber Willi

 

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