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Brief (Transkript)

Martin Meier an seine Ehefrau am 14.05.1941 (3.2002.0904)

 

Frankreich, den 14.5.1941.


19.)

Geliebte,

nachts 04:50 Uhr. Noch etwas über eine Stunde dann geht’s in die Falle. Heute war nicht viel los. Gestern habe ich leider wieder das erste Mal keinen Brief von Dir bekommen. Du hast mir bestimmt geschrieben. Einige Briefschulden habe ich ja nun schon getilgt. Erst einmal habe die beiden Mütter zum Muttertag ein paar Zeilen bekommen. Als nächste kommen Hildchen und Alfredo dran. Die werden sicher auch schon lange warten. Dann ist Tante Louise mal wieder an der Reihe. Anschliessend folgt dann Schwester Gerda. Hoffentlich bin ich bald durch damit. Sonst gibt es garnichts Neues mehr. Zum Zahnarzt muss ich mal wieder. Es wird höchste Zeit. Wenn Du wüsstest, wie munter ich bin. Ach, wenn ich nur bei Dir wäre. Ja, dann könntest Du was erleben. Und das wird von Woche zu Woche schlimmer. Also nimm Dich sehr in Acht, wenn ich nach Hause komme. Aber Du wirst jetzt sagen, Hunde, die viel bellen, beissen nicht. Na, wollen mal abwarten. Auf jeden Fall habe ich Dich so rasend lieb und solche grosse Sehnsucht nach meinem Frauchen. Es ist ja schon wieder ¼ Jahr her, dass ich bei Dir gewesen bin. Höchste Zeit, mal wieder nach Hause zu kommen, sonst schaffst Du Dir doch noch einen Hausfreund an, und ich sehe in den Mond. Du, wenn das tatsächlich vorkäme. Aber ich weiss ja, das tust Du niemals. Na wer, weiss, es sind schon viele ehrbare Frauen gestolpert, wenn der Mann zulange fortgeblieben ist. Es hört ja auch allerhand Energie dazu, auszuhalten. Aber ich kann es doch auch nicht ändern, ich wäre auch lieber beim guten Frauchen, als hier allein zu schlafen.
Was sagst Du eigentlich zu der Sache mit Rudolf Hess. Das ist wieder so ein Schlag für den Führer. Fliegt der Mann nach England. Man kann das garnicht fassen. Ich möchte doch wissen, wo es nun weitergeht mit der nächsten Offensive. Nur recht bald, damit man endlich ein Ende sehen kann.
Bis dahin musst Du aber noch in viel Liebe und Treue ausharren. Später werden wir beide dann sehr sehr glücklich. Jetzt möchte ich Dich hierhaben. Dann würde ich Dir so unendlich viele Küsse geben, bis Du um Hilfe schreien würdest.
Nun Schluss für heute. Bestelle bitte Mutti und Hildchen herzliche Grüsse von mir. Ich aber küsse Dich in Gedanken auf Dein Zuckerschnäuzchen.
Dein Martin

 

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