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Brief (Transkript)

Martin Meier an seine Ehefrau am 09.05.1941 (3.2002.0904)

 

Frankreich, den 9. Mai 1941


14.)

Liebste Frau!

Nachmittags 15 Uhr. Das ist nun der 3. Brief, den ich Dir heute schreibe. Ich habe jetzt Deine Haushaltsabrechnung so vor mir liegen und will mal sehen, ob ich darüber nicht einen ganzen Brief schreiben kann. Fangen wir also an. Dass Du mir ein Abrechnung darüber nicht schicken brauchst, habe ich Dir schon öfter geschrieben. Ich freue mich aber sehr, dass Du es trotzdem tust. Du bereitest mir eine grosse Freude damit. Also nehmen wir zuerst einmal die Einnahmen. Bank RM. 2.90. Über den Betrag haben wir nun ja schon lang und breit gesprochen und es ist darüber kaum noch etwas zu sagen. nur eines noch: die Minuszinsen für den Betrag 7.15 ./. 2.90 = RM. 4.25 für einen Monat musst Du bezahlen. Da dieser Betrag in Geld ausgedrückt zu gering sein würde, werden wir eine andere Bezahlung ausmachen müssen. Darüber reden wir noch, wenn ich mal in Urlaub komme. Auf der Sparkasse stehen 600.- RM (für ein Auto.) Ich wollte, es wäre 5 x soviel, denn soviel kostet doch sicher nach dem Kriege ein Wagen. Also sparen wir weiter. Einmal werden wir schon Grosskapitalisten werden. Als Bestand (Kassenbestand) hast du am 27.4. -.13 RM gehabt. Über diesen Posten ist nichts zu sagen. Abgebrannt bist Du ja sowieso immer. Dazu kommen an Familienunterstützung RM. 187. – Nun über diesen Betrag habe ich allerhand zu fragen. Soviel Du mir letztens mal schriebst, würden wir im Ganzen, also Stadt und Bank, zusammen nur RM. 187.- bekommen. Da stimmt doch etwas nicht. Ich bitte um sofortige Aufklärung. Wenn Du von der Bank ungefähr RM. 60.- bekommst und von der Stadt RM. 187.- so wären das ja 247.- RM. Da kannst Du denn ja allerhand bei sparen. Aber irgend etwas stimmt hier nicht. Also bitte Aufklärung, sonst muss ich Dich verhaften lassen wegen Bilanzverschleierung und ähnlichen Sachen.
So, das war die Einnahmeseite. Nun kommt die rechte Seite. Wollen doch mal sehen, was Du so verprasst hast. 28.4. Rest für die Wringmaschine RM. 28.85. Gefällt sie Dir denn nun wenigstens? Falle nur nicht selbst rein und lass Dich auswringen. Es wäre schade denn dann könnte ich es ja nicht mehr tun. Und wenn ich es tue, dann hast Du ja, gefühlsmässig, mehr davon. RM. -.50 Spende für das Rote Kreuz. Kommentar dazu, siehe vorigen Brief. RM. -.48 Milch. Darüber will ich nichts schrieben, denn hätte ich das geschrieben, was ich gerade gedacht, dann würdest Du wieder sagen: „ Oh, Du bist frech, ich lasse mich scheiden. Fleisch RM. 1.58. Du futterst ja ganz schön an, einem Tag. Da kann man nur den Kopf schütteln. RM. 3.33 = 2 Paar Kniestrümpfe. Wenns nur erst mal soweit wäre, dass ich Dir über die 3.33 streicheln könnte. Ausserdem 3.33. durch 2 geteilt, das waren 1.665 RM. pro Paar. Wie ist das möglich? RM. 1.60 für Papas Sterbetag. Billiger als ein Paar Kniestrümpfe. 1 Taler hättest Du springen lassen können. RM. 1.06 für Mehl und Apfelsinen. Die zusammengefassten Posten bitte ich beim nächsten Mal einzeln aufzuführen. Sonst nichts daran auszusetzen. Monatsrationen der Karten RM. 4.89. Das ist auch so ein undurchsichtiger Posten, bei dem man leicht mogeln kann. Vielleicht sind da für 3.- RM Windbeutel mit Schlagsahne dabei und für 1.89 RM Ware. Ich muss mal nächstens kommen und „Stichprobe“ machen. RM. 2.- Radio. Die könnten auch mit dem Preis um die Hälfte runtergehen. Zeitung 2.15 RM. Sag mal ehrlich mein liebes Frauchen, liest Du überhaupt die Zeitung? Ich glaube es kaum. RM 2.50 Krankenkasse für Mutti. Es wurde höchste Zeit, dass sie sich angemeldet hat. Ist denn die Kasse einigermassen gut. Hoffentlich habt Ihr eine gute ausgesucht, die auch tatsächlich was leistet. Verdunkelungspapier RM. 1.40. Was führst Du für Verdunkelungsmanöver im Schilde? Du denkst auch, im Dunkeln macht es mehr Spass. Schnur (18 m) 1.45 RM. Die verbrauche man nicht alle. Hebe noch etwas für mich auf. Ich will mich nämlich daran aufhängen, wenn Du mich betrügen solltest und Dir einen Hausfreund (Gustav) nimmst. Briefumschläge RM 2.40. Ich habe mich schon gewundert, dass mit einem Mal andersfarbige Sachen ankommen. Das Zeug ist ja in Deutschland ziemlich teuer. So, das war 28.4.41. Da hast Du ja ziemlich in den Beutel gegriffen mein Schatz. Und zu meinem Geburtstag bist Du ja äusserst sparsam gewesen. Nicht ein Pfennig erscheint hier in den Büchern. Soll ich nun darüber beleidigt sein, oder mich freuen? Am 30.4. da greifst Du wieder fester rein. Fahrgeld nach Baumschulenweg RM. -. 70. Meines Erachtens kann man für 70 Pf. bis Westkreuz und zurück fahren. Ich nehme aber an, dass Du 2. Klasse und mit dem Omnibus gefahren bist. Die Sache ist von mir aus also genehmigt. Dann RM. -.84 für Bäcker am 28.4. Ja, was soll das heissen. Der Posten gehört doch unter den 28.4. und nicht unter den 30.4., oder er muss besonders hervorgehoben werden. Sowas geht natürlich nicht an. Nachher kommst Du im November mit Nachschriften vom Februar oder März für sonst etwas. Solche Nachsätze wollen wir garnicht erst einführen. Bäcker 30.4. -.44 Rm. genehmigt. Salat RM. -.20. Was ist das für ein Salat. Sowas musst Du näher beschreiben. Das kann Gurken=, Kartoffel=, Eier=, Herings=, Bohnen=, italienischer= oder grüner Salat sein. Nachher ist es noch ganz was anderes und dann sagst Du „Da hast Du den Salat.“ RM. 16.- Dorner, Sicherung und Reparatur. Es wird ja schwer Zeit, dass Du diese bescheidene Summe bezahlst. Was sollen nur die Leute von uns denken. Ich dachte, die Sache wäre schon längst vergessen. Da hat der Mann sicher mit dem Gerichtsvollzieher gedroht. Jetzt kommt der 2.5. ein Posten, den ich bald übersehen hätte (RM. 60,- Uhr) Viel zu teures Geburtstagsgeschenk für mich, aber da ein Gegenstand für den allgemeinen Gebrauch: genehmigt. Telefon RM 5.55. Da ist nichts zu machen. Fahrgelder 2. RM. geht auf allgemeine Geschäftsunkosten. 3.5. 41. Butter, Käse usw. RM. 1.92. Was heisst hier usw. So etwas gibt es doch in der Buchhaltung nicht. Das ist sicher auch so ein Verdunkelungsmanöver. Kommt mir nicht wieder vor, mein Schatz. Da wieder der Salat, mit RM. -.27 diesmal. Sollte es grüner zum essen sein: genehmigt.4.5.41 Milch RM. -.60. Siehe weiter oben. Aber Spass müsste es doch machen. Bäh. RM. -.48 Eier (4). Bitte nicht anzüglich werden mein Kind. Und ausserdem, genügen nicht 2? Fleisch -.95 RM. genehmigt. RM 42.99 sind in bar neu vorzutragen.
Aufstellung sonst rechnerisch richtig:
Martin Ehemann

 

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