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Brief (Transkript)

Martin Meier an seine Ehefrau am 12.06.1940 (3.2002.0904)

 

Saarlautern, den 12.6.40



Liebstes Frauchen!

Du wirst Dich sicher sehr wundern, wenn Du hörst dass ich im Augenblick in der oben angegebenen Stadt bin. Ja, ich bin heute in Deutschland und fahre noch nach Bad Dürckheim bei Ludwigshafen/Rhein. Was von dort aus wird und wie lange wir dort bleiben, kann ich Dir leider nicht mitteilen, da ich es selbst noch nicht weiss. Bis heute habe ich noch keine Nachricht von Dir erhalten. Ich glaube, die Post ist alle zurückgegangen. Wie sehne ich mich nach einem Lebenszeichen von Dir, meine liebe kleine Frau! Hast Du meine Post jetzt alle erhalten? Dies ist der 5. Brief. Dein Mann hat Dir was aus Belgien mitgebracht. 2 Paar echt seidene Strümpfe, wenn Du sie trägst, sollst Du an Deinen Gatten denken, der Dich sehr liebt und grosse Sehnsucht nach Dir hat. Ferner habe ich schwarze Strumpfwolle, ein Handtäschchen, 2 Servietten, ein Paar Gummischuhe, die Dir hoffentlich passen werden. Hoffentlich kommt das Paket an. Liebste, ich schreibe hier im Wagen und draussen geht ein schweres Gewitter nieder. Das blitzt und donnert ganz doll, dazu ein Regen wie Wolkenbruch. Ich hätte Dir zu gern noch mehr mitgebracht, aber die Zollkontrollen sind zu scharf. Hoffentlich freust Du Dich etwas über die Strümpfe. Ich habe sie gestern in Dinant gekauft. Sonst geht es mir noch sehr gut. Heute hatte ich mit meinem Wagen grossen Ärger. Mindestens 6 x musste ich halten. Der Tank ist schmutzig und dadurch ist die Benzinzufuhr immer gesperrt. Es war aber trotzdem eine schöne Fahrt durch Belgien, Luxemburg, Saargebiet, Mosel und Saar. Gestern ist Adolf Hitler an uns vorbeigefahren in Onhaye bei Dinant. Er fuhr sehr schnell. Was sagst Du zu dem Kriegseintritt Italiens? Hoffentlich ist jetzt der Krieg etwas schneller zu Ende. Was sagst Du ebenfalls dazu, dass wir schon 20 km. vor Paris stehen? Einmal wird ja dies alles vorbei sein und dann freue ich mich auf die Heimkehr zu meiner kleinen angebeteten Frau, die ich über alles liebe. Wie sieht es zu Hause aus? Ist noch alles gesund? Ach, wenn ich doch blos erst einmal Post von Dir hätte. Jeden Tag warte ich und immer vergeblich. Na, die Hoffnung will ich nicht aufgeben, dass ich doch noch einmal Nachricht von Dir bekommen werde. Klappt denn alles richtig mit der Bank? Aber ich weiss ja, Du wirst es schon machen. Das ganze Saargebiet ist wie ausgestorben. In Dörfern und Städten ist kein Mensch zu sehen. Alle mussten sie ihre Heimat verlassen. Da haben wir es doch besser zu Hause. Und ich glaube, ich brauch mich um Dich keine Sorgen machen, wie Du es ebenfalls um mich nicht nötig hast. Mir geht es gut und sollte doch mal irgend etwas nicht in Ordnung sein, so werde ich Dir selbstverständlich umgehend Nachricht zukommen lassen. Wir fahren hier immer an den Westbefestigungen vorbei. Tadellos sind unsere Bunker und Panzerwerke. Aber besser noch wäre es, wenn der Krieg aus sein würde, dann wäre uns allen viel wohler. Hast Du schon etwas an unserer schönen Wohnung machen lassen? Ich bin gespannt wie alles aussieht wenn ich wieder komme. Aber bis dahin heisst es abwarten und Tee trinken. Hoffentlich kommt das Päckchen richtig bei Dir an mein Häschen. Nun will ich Schluss machen. Ich schreib Dir bald wieder. Grüsse alle recht herzlich von mir und sei selbst vielmals gegrüsst und geküsst von
Deinem Martin.

 

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