Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Martin Meier an seine Ehefrau am 25.04.1940 (3.2002.0904)

 

25. April 1940



Liebste Gerda, kleine Frau!

Du wirst Dich wundern, erst so spät Post von mir zu erhalten. Es ging nicht eher. Lass Dir nun kurz berichten, wie alles gekommen ist seit meinem letzten Urlaub. Kurz nach ½ 2 Uhr war ich wieder in Kladow. Da wurde mir gesagt, ich müsste gleich packen, weil wir am Montag früh ausrücken müssten. Nun war es also so weit. Ich hab mich gleich dabei gemacht, alle Sachen zu verstauen. Es war um so schwerer, da Du mir ja wieder soviel schöne Sachen eingepackt hast, für die ich Dir noch nachträglich meinen Dank sage. Um 3 Uhr war ich fertig mit verstauen. Um 4 Uhr 20 war schon wieder wecken. Geschlafen habe ich nicht viel. Dann anziehen, Wagen übernehmen, Führerschein empfangen und anschliessend ab die Post. Unsere Musik hat uns auf dem Kasernenhof noch ein Abschiedsständchen gebracht. Ich konnte mich ja dann noch kurz von Dir telefonisch verabschieden. Welche Richtung es ging, habe ich Dir ja am Montag früh gesagt. Ich war während der Fahrt so müde, dass ich oft kurz vor dem Einschlafen am Steuer gewesen bin. Montag nachmittag um 17 Uhr waren wir ungefähr an Ort und Stelle. Wir sind hier in der Nähe eines kleineren Dörfchens, schlafen aber in Zelten draussen in der Heide. Nachts ist es erbärmlich kalt und man friert wie ein Schneider. Ich hab es mir auf dem Führersitz meines Wagens bequem gemacht. Da ist es aber genau so kalt und ausstrecken kannst Du Dich auch nicht richtig. Aller Komfort wie in Brandenburg und Kladow ist natürlich fort. Die ersten Tage war es ja wunderschön. Die Sonne schien herrlich. Es ist die reinste Erholung. Ringsum alles Heide und Sand mit kleinen Kiefern und Fichten durchsetzt. Im Hintergrund ein kleines Dorf. Wir sind mit der Flak zusammen. Nur sehr einsam ist es. Die Verbindung mit der Umwelt fehlt, da wir nicht ausgehen können und dürfen. Wie lange wir hier bleiben, steht nicht fest. Schlimmstenfalls fürchte ich, bis zur Beendigung des Krieges. Aber das Leben lässt sich schon aushalten, wenn das Wetter nur immer schön bleibt und es nachts noch etwas wärmer wird. Gesund ist dies augenblickliche Leben bestimmt, man ist den ganzen Tag herrlich in der frischen Luft und nachts auch noch dazu. Sehen können wir uns jetzt vorläufig wohl nicht mehr. Ich will mal sehen, was das Telefonieren hier kostet bis Berlin. Ich glaube ungefähr ein 3 Minutengespräch kostet 1.50 RM. Sonst geht es mir noch sehr gut, auch gesundheitlich. Und wie geht es Dir, meine liebe kleine Mausi? Ich hoffe, dass Dein Befinden noch genau so wie am letzten Sonntag ist. Hast Du mich noch sehr lieb, mein Haseli? Weißt Du, was ich gemacht habe? Nein, bestimmt errätst Du das nicht. Ich will es Dir aber nicht länger verheimlichen. Ich habe der Bank mitgeteilt, dass Du über mein Konto verfügen kannst nach Deinem Ermessen. Das heisst, wenn Geld auf dem Konto ist, kannst Du abheben oder überweisen lassen, ohne dass ich selbst unterschrieben muss. Mein Konto lautet: KontoNr.: 95104, Martin Meier, im Hause. Die Bank wird Dir wahrscheinlich ein Unterschriftenblatt zum Unterzeichnen übersenden. Freust Du Dich etwas darüber, mein Liebling? Wie geht es Mutti und Hildchen? Hebst Du mir auch die Romanfortsetzungen immer schön auf? Weißt Du, was? Ich hoffe bestimmt auf einen Brief von meinem Frauchen. Die Post dauert sehr lange, bis sie hier ankommt, ebenso wenn sie zu Dir geht. Ich sende Dir daher den ersten Brief mit Marke. Die Feldpostnummer ist Dir ja noch bekannt. Ich werde sie Dir aber sicherheitshalber nochmals aufschreiben:
Soldat Martin Meier (A.)
L 27565, Luftgaupostamt Berlin
Nun lass es Dir gut gehen, mein Baby, grüsse Mutti, Hildchen und Theophil von mir und schreib bitte recht bald wieder.
Es grüsst und küsst Dich vielmals
Dein Martin

 

top