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Brief (Transkript)

Anton Böhrer an seine Schwester am 24.07.1943 (3.2002.0889)

 

24.7.43



Liebe Adolfine!

Inzwischen ist es fast wieder etwas um uns ruhiger geworden; doch kann sich alles in wenigen Augenblicken ändern. So ist eben der heutige Krieg, auf den sich selbst ein alter Ostkämpfer mit seinen Eigenarten wie sie gerade jetzt wieder auftreten, umstellen muß. – In der Nacht hat ein mächtiger Wolkenregen uns ziemlich durchnässt, doch jetzt haben wir wieder Zeltbahnen u. Decken getrocknet, denn es ist herrlicher Sonnenschein mit Kumuluswolken. Wie komisch ist doch die Natur. Zuerst kracht u. blitzt es, man liegt irgendwo unter einem Fahrzeug oder Damm u. dann regnet es aus allen Schleusen , daß man sich nicht mehr retten kann. Doch alles ist wieder vergessen u. wir warten schon wieder auf andere Dinge. So freuen wir uns, wenn unsere Flieger vornehmlich Stukas, gestern abend zählten wie in einer Stunde über 100, dem Russen ganz leicht den Atem nehmen. Es ist klar, daß auch wir oft „abschließen“ mussten, doch glaube ich, daß die Krise überstanden ist. Jeden Meter Boden musste der Russe sehr teuer bezahlen, das kann man wohl sagen, denn wir schlafen auch nicht. So wird die Sache noch zu unseren Gunsten enden. In einer Beziehung hatten wir ja Pech, da er ausgerechnet in unserem Raum angriff u. uns aus den schönen u gut ausgebauten Stellungen warf, doch es ist nur ein Vorteil, denn dadurch kann man wieder manchen Panzer mehr umknacken. Heute ist ja im ganzen Süden u in der Mitte in Sizilien u im Westen der harte Krieg entbrannt, wir stehen vor lauter schweren Aufgaben, doch zuletzt werden wir doch die Sieger sein, davon bin ich fest überzeugt. 6000 Panzer sind in einer ganz kurzen Zeit abgeschossen, das wird mit der Zeit auch den Russen schwach machen. Fällt einer zu Boden, so sind all unsere Feinde am Ende angelangt. – Dein letzter langer Brief hat mich sehr gefreut, wenn ich mich auch nicht in all Deine besonderen Tätigkeiten u. Arbeiten durch die augenblickliche Kampflage hineindenken konnte; so gibt es doch wieder einen kleinen inneren Aufschwung. Gerade heute morgen gab mir ein verheirateter Kamerad einen Brief von seiner Frau zu lesen. Welch ein Unterschied, man darf sich oft gar nicht dazu äußern. Hier zeigt sich eben, daß gerade der oberflächliche Mensch diesen schweren Tagen nicht gewachsen ist. –
Es tut mir leid, daß ich Therese nun nicht schreiben kann, doch die Hauptsache ist ja Du erhältst von mir immer Nachricht, die Du dann übermitteln kannst. – Wie die gelbe Rose ausgerechnet auf das Grab kommt kann ich auch nicht verstehen. Man muß sie eben umtauschen, doch wesentlich ist, daß alles gut wächst. Der Regen war hierzu bestimmt nicht verkehrt. Es ist sehr zu Eurem Vorteil, wenn die Nachtwache gestellt wird, denn man weiß oft gar nicht was sich da alles ereignen kann. Ich weiß nicht, ob Du schon einmal etwas von Phosphor gehört hast. Man braucht den Teufel nicht an die Wand zu malen; doch Vorsicht ist besser. Es kann da allerhand bei Unachtsamkeit passieren. Bei uns brennt es noch dauern in der Luft, denn aus unseren einst so ruhigen Abschnitt ist ein lebendiger Gefechtsabschnitt geworden. Gestern wurden wir auch im W.B. erwähnt. Doch wurde gerade die doppelte Panzeranzahl als erwähnt abgeschossen. In den nächsten Tagen will ich mein Geld wieder los werden. Sei für heute nun aufs herzlichste gegrüßt von Deinem Bruder Anton

Mach Dir keine besonderen Sorgen um mich, denn Glück habe ich bis jetzt immer gehabt.

 

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