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Brief (Transkript)

Anton Böhrer an seine Schwester am 15.03.1943 (3.2002.0889)

 

Montag früh, den 15.3.43



Liebe Adolfine!

Da ich gerade Gelegenheit habe, diesen Brief einem Kurier, welcher durch Deutschland fährt, mitzugeben, so will ich die lange Schreibpause unterbrechen um Dir einige Zeilen zu schreiben. Es geht mir hier noch gesundheitlich gut. An der allgemeinen Ruhe hat sich noch nicht viel geändert. Wir haben nun mächtig Tauwetter mit viel Schlamm auf den sog. Wegen. Nur auf den Haufen liegt noch Schnee. In ca. 4 Wochen wird es auch hier wieder trocken sein. Du kannst Dir vorstellen, daß der Fluss nun ein sehr breites Bett hat, was die Russen zwang sich aus der Nässe zu machen. In Charkoff geht es nun tüchtig vorwärts. Ich denke, daß es in Bälde wieder ein großer Teil des Nachschubs über diesen wichtigen Knotenpunkt läuft. Der letzte Posteinlauf war nicht sehr üppig. Ich glaube nicht, daß das Bisquitpaket noch ankommt, da ich erfahren habe, daß sehr viele 100 g Päckchen wieder die Rückreise antreten mussten. Doch auch dies soll nicht das schlimmste sein. Die Hauptsache ist es, wenn nun im jetzigen Frühjahr die Startschüsse früher gegeben werden, daß sämtliche gesteckten Ziele erreicht werden. In rückwärtigen Gebieten von uns, hört man des öfteren, wie sich der Führer persönlich von manchen „Massnahmen“ unterrichten läßt, aber auch sehr oft mit ganzer Härte einschreitet. Ich kann Dir gar nicht alles erzählen, doch eins ist gewiß, daß überall die richtige Ordnung nach den neuesten Befehlen sehr rasch Fuß faßt. So ein kleiner Sturm wäre vielleicht in der Heimat manchmal auch nicht von großem Schaden. Die Großmäuler werden jedenfalls schnell die Schnauze halten. Wir haben in der letzten Woche Ersatz erhalten, der die Lücken wieder vollmacht, die durch die Verwundungen u. Erkrankungen entstanden sind. Sie müssen natürlich noch alle etwas über die Ost-Erfahrungen unterrichtet werden. Jetzt ist ja genügend Zeit dazu vorhanden u. mancher bekommt hier eine bessere Ausbildung als in der Kaserne. Ich selbst habe in meiner Schreibstube sehr viel Arbeit, denn während des letzten Jahres ist sehr viel liegen geblieben, doch in 14 Tg. will ich auch wieder ganz auf dem Laufenden sein. – Wie geht es Dir? Ich habe zwar schon lange keinen Brief mehr erhalten, doch ich kann mir vorstellen, daß Du nun zum Frühjahr wieder sehr viel Arbeit zu erledigen hast. Nimm Dir aber nur eine Hilfe in den Garten, denn sonst hast Du zu viel Arbeit. Für einige Tage wird es schon möglich sein. Was schreibt Therese? Läuft eigentlich noch der Gruchköbeler Betrieb? Nun werden ja nicht mehr viel Männer u. Frauen spazieren gehen können. Nun heißt es eher noch einmal auf die Zähne beißen bis der Endsieg errungen ist. Wenn man diese verschiedenen Frauen, deren Männer im Felde standen, oft sah, so dachte man oft in Deutschland ist kein Krieg. Es würde mich interessieren was für Neuerungen nun in Hö. eingetreten sind. Wenn wir eben überhaupt noch leben wollen, so sind eben dazu nicht 10% der Willigen notwendig, sondern dazu braucht man mehr Menschen, das hat uns ja Stalingrad gelehrt.
Nun wollen wir hoffen, daß wir in diesem Jahr noch ein kräftiges Lebewohl dem Osten sagen können u. uns unseren anderen Feinden zuwenden können, damit wir bald den Endsieg feiern können.
Für heute grüßt Dich, sowie alle anderen Geschw. auf das herzlichste u. ein baldiges frohes Wiedersehen

Dein Bruder Anton

Onkel Karl hat mir wieder geschrieben. Vielleicht habe ich nun Zeit auch Ihm einige Zeilen zu gönnen, denn seither mußte man sich schon einteilen.

 

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