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Brief (Transkript)

Anton Böhrer an seine Schwester am 05.02.1943 (3.2002.0889)

 

S., den 5. II. 1943



Liebe Schwester Adolfine!

Nun bin ich wieder von meinem „Frontbesuch“ in meine alte Stellung zurückgekehrt u habe gleich 3 Pakete von Dir vorgefunden u einen Brief vom 1.1. 43. Ich danke Dir für alle guten Leckerbissen, vor allen Dingen für die guten Lebkuchen, das ausgezeichnete Marzipan, den Hartwürsten u. den Schnaps. Die Creme, sowie die Hirtstropfen kann ich später vielleicht einmal ganz gut gebrauchen, vorläufig ist mein Magen noch in Ordnung. Der Schinken aus den letzten Paketen war auch sehr fein u. hat mir gut gemundet, so was ist bei uns selten, obwohl man es eigentlich hier nicht annehmen sollte. Unsere Kreislandwirte sorgen schon dafür, daß nichts im Überfluss abgegeben wird. Nun wird es für einige Zeit wieder mit den Paketen Schluß sein, denn es ist ja bis zum 31.3. Sperre. Ich kann zufrieden sein mit all den vielen „Versücherchen“ u. anderen Kleinigkeiten, welche Du mir zu Weihnachten gesandt hast, wofür ich Dir nochmals auf das herzlichste danken möchte. Ich weiß, daß Du nun, nach dem Du an all den ganzen Arbeiten im Hause u. im Geschäft alleine hängst, wo früher Mehrere arbeiteten, sehr beschäftigt bist u. Du trotzdem herausschindest um immer wieder an Deine Brüder zu schreiben u. sie mit allem möglichen guten Delikatessen überraschst u. dafür können wir Dir nicht genug dankbar sein. Wenn auch nicht immer gleich von mir Antwort eintrifft, so ist es eben oft durch die schlechte Postbeförderung u. durch die Verschiebungen, welchen wir gerade jetzt wieder unterworfen sind, möglich u. Du darfst Dir deshalb nicht gleich „Gedanken“ über mich machen. Gewiß es ist z.Zt. ein sehr harter u. ungleicher Kampf, doch dürfen wir den Kopf absolut nicht hängen lassen. Wenn jeder soviel Einzeltaten im allgemeinen gesagt, jeden Tag vollbringt, als hier der eingesetzte Mann, so hat er sehr viel getan u. dann erst kann er sich irgendwie zum Worte melden. Es ist oft in der Wirklichkeit nicht alles so leicht hier, wie man es sich in der Heimat vorstellt. Selbst die Wochenschau kann einem nie die tatsächlichen Bilder schildern. Unsere Kameraden in Stalingrad sind nun tapfer bis zum Letzten einer gewaltigen Übermacht gewichen. Sehr viele Kameraden waren auch von meiner alten Einheit dort dabei u. ich bin äußerst gespannt vielleicht doch noch der eine oder andere noch lebt, welcher Urlauber war oder verwundet wurde. – In den letzten Tagen haben wir sehr viele Marketenderwaren erhalten. Unser Geld hat mächtig abgenommen. Für Zigaretten bin ich ja nicht zu haben nur für Alkohol. Schoko gibt es eben wenig, was sehr schade ist, doch die Hauptsache ist, daß die Verwundeten überhaupt noch solche Sachen bekommen. Uns fehlen eben die Vitamine. Vielleicht kannst Du mir einmal, natürlich nur, wenn es Dir nichts ausmacht, Apfelstückchen dörren, doch nicht zu stark. Diejenigen, welche du mir zu Weihnachten schicktest waren sehr fein. Äpfel verderben ja bei dem Frost, jedoch waren die Birnen noch zu genießen eine Seltenheit in Russland. Einige Luftpostmarken lege ich Dir wieder bei, mit den Paketmarken ist vorläufig nichts anzufangen. Wichtiger ist z. Zt. der gute Nachschub. – Mit dem Räuchern hast Du wohl sehr viel Arbeit gehabt das kann ich mit vorstellen, doch die Hauptsache ist, daß alles noch geklappt hat. Nun werden noch die letzten Reserven aus der Heimat geholt u. auch diejenigen kommen in das erste Glied beim Kampf, welche seither immer noch alle möglichen Druckposten beim Militär ausübten. Den Fliegern tut die Ostfront besonders gut, die Charly Rivels Hosen sind bei ihnen sehr schnell verschwunden. – Onkel Karl werde ich einmal später schreiben, wenn ich wieder mehr Zeit habe als jetzt, wo man sehr viel zu tuen hat u. fast alles selbst erledigen muß; der hat überhaupt keine AhnungZe mit seinem Hirn wie es hier eigentlich zugeht. Man lebt doch nicht im Osten im Ruhestand. Nun will ich aber mein Geschreibsel beenden. Grüße wieder alle guten Verwandten und Bekannten u. sei für heute recht herzlich von Deinem dankbaren Bruder Anton gegrüßt.

 

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