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Brief (Transkript)

Anton Böhrer an seine Schwester und seinen Vater am 19.02.1942 (3.2002.0889)

 

Ch, den 19.2.42


No 18

Liebe Adolfine, lb. Vater!

Recht vielen Dank für Adolfines Brief No 12 vom 22.1., den ich heute erhielt mit den vielen Neuigkeiten. Auch konnte ich Deinen Brief vom 4.11. 41 erhalten in welchem ich endlich erfuhr, daß sich Stefan verlobt hat, was ich die ganze Zeit nicht gewusst habe. Es ist eben oft zu komisch mit der Post. Anderntags bekam ich dann auch einen Brief von Stefan in welchem er mir das gleiche mitteilte. Inzwischen habe ich aber Stefan über seine großartige Schreibfaulheit Vorwürfe gemacht, was ja auch nichts schadet, denn ich konnte auch bis heute noch keinen Weihnachts- oder Neujahrsgruß von ihm erhalten, obwohl ich sämtliche Post vom Dez. erhalten habe. – Das gute Schinkenpäckchen mit den feinen Lebkuchen, die sehr gut waren habe ich schon bestätigt. Die Post scheint sehr gut gelagert zu haben, denn bei mir war kaum etwas davon verdorben. Auch konnte ich noch den Likör vom Oktober erhalten, für welchen ich Euch vielmals danke. – Vater wünsche ich baldige Besserung seiner Augen u. hoffe, daß es jetzt bei dem milderen Wetter sehr rasch besser wird. Bei der großen Kälte soll man eben nicht nach Außen gehen. Ich bin froh, daß ich die große Kälte gut überstanden habe u. es jetzt wieder um Null herum steht. Es ist bei uns heute sehr klares Wetter, Schnee haben wir natürlich noch zur genüge, doch unsere Stukas haben heute schon wieder mehrere Angriffe geflogen u. sind alle wieder zurückgekommen einmal war sogar einer mehr dabei. Anscheinend haben sie ihn unterwegs gefunden. Sonst sind z. Z. immer sehr viele russ. Flieger gemeldet u. sehr große Gefallenenzahlen von R. Die Angriffe ostwärts des Donez scheinen etwas nachgelassen zu haben, doch kann man diesem Gesindel ja nie trauen. – Die Japaner haben mit den Engländern in Singapur sehr kurzen Prozeß gemacht u. nicht lange gefackelt. Am interessantesten sind die Übergabeverhandlungen. Hier sieht man so richtig den jap. Geist. – Bald wird Indien auch auferstehen u. der Krieg wird eines Tages schneller aus sein, als wir alle im Dez. bei der Kriegserklärung mit Amerika glaubten u. wir werden den Frieden haben u. kein Mensch ihn sich mehr vorstellen können, wenn alles ohne Genacker [?] so ruhig wieder in seinen alten Bahnen verläuft. Z.Z. wird ja wieder mächtig eingezogen. Die letzten Reserven müssen eben jetzt herhalten. In Hö. glaube ich sind es doch auch bald 10 Gefallene eine ganz nette Zahl für diesen Ort. Mich würde eigentlich einmal interessieren wieviel Soldaten von Hö nun eingezogen sind u. wieviel an der Front sind. Der größte Teil wird ja sowieso an der Front sein. Schön war es jedenfalls daß sie auch einige Drückeberger geschnappt haben u. immer große Reden geführt haben. Nun können sie ja hier in Russl. sehen wie ihre wirklichen Ideale aussehen u. ich glaube es sind die ersten die tatsächlich umschwenken u. am schnellsten begreifen, was sich da abspielt u. auf was es ankommt. – Seit einigen Tagen haben wir nun regelmäßig Strom. Eine Dampfturbine aus Deutschland ist neu eingebaut u. versorgt einen größeren Umkreis. Bei Tage kann ich nun Radio hören, nur in der Zeit von 6 – 10h ist der Strom noch zu schwach. Die Hauptsache ist, daß wir am Abend noch gute Musik hören können u. nun neue Lieder hören, die wir noch nie gehört haben u. uns jetzt umsomehr erfreuen. Ein bischen Auffrischung tut einem in dem kalten Gebiet sehr gut u. die muß man ausnützen solange es für uns gerade noch möglich ist.
Nun wünsche ich Euch Allen weiterhin alles Gute u. Grüße Euch für heute aufs herzlichste Euer dankbarer Sohn u. Bruder
Anton

Vielleicht könnte mir Adolfine nächstens bei Gelegenheit einige Couverts beilegen. Papier habe ich noch mehr wie genug.

 

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