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Brief (Transkript)

Anton Böhrer an seine Schwester und seinen Vater am 25.01.1942 (3.2002.0889)

 

Charkoff, den 25. I. 42


No 14

Meine Lieben!
In der letzten Woche konnte ich leider keinen Brief von Euch erhalten. Die Post kommt eben sehr verschieden an. Durch den starken Frost, konnte anscheinend auch nicht so viel bewältigt werden. Denn man muß berücksichtigen, daß die ganze Post und Verpflegung sowie der Nachschub über Krementschug läuft. Nun hörte ich auch, daß sehr viele Arbeiter aus dem Metallgewerbe, Doktoren u. alle möglichen Berufsschichten von hier nach D. transportiert werden, um dort einzuspringen, wo uns die notwendigen Kräfte fehlen. Dadurch kann doch wieder mancher Betrieb ruhig weiterarbeiten u. das dsch. Volk wird viel sicherer den Krieg gewinnen. Heute kam ja eine sehr interessante Sondermeldung wonach dsch. U-Boote im Hafen von Neu York einen Besuch abgestattet haben. Das ist wieder eine echte dsch. Tat u. hat sicher unter sehr vielen versch. Amerikanern eine rechte Panikstimmung verursacht. Auf dieser Linie wird man auch bald den Amerikaner kleiner bekommen. – Bei uns ist immer noch sehr rege Fliegertätigkeit u. die Russen bekommen z.Z. „ordentlich was auf den Deckel“, obwohl sie immer wieder versuchen durchzubrechen, das ihnen bis jetzt immer sehr zu stehen kam, denn meistens wurden unsere Stellungen vorverlegt oder aber die Orte in denen sie ehemals saßen abgebrannt, damit sie dort keinen Unterschlupf mehr hatten. Das Wetter z.Z. ausgezeichnet klar, wir haben heute ~ 25 Grad C Frost, doch immer Sonnenschein u. eine sehr klare Luft, sodaß man oft bei Nach das Schießen der schweren Geschütze von bald 70 u. 80 km hören kann, je nachdem wie der Wind geht. Unsere Armee wurde mit dem Tode v. Reichenaus mit seinem Namen sehr gerühmt u. man kann kaum glauben, daß dieser hervorragende General u. auch Kamerad, der sehr viel auf seine untersten Stellen hielt, so rasch von uns gegangen ist. Ein Angehöriger seiner Armee wird diesen Namen kaum vergessen, denn er war immer in allen Lagen ein treuer Helfer jedes Einzelnen u. all seine Befehle waren so korrekt, daß man meinen könnte sei seien vom Führer herausgegeben worden. Nun haben wir ja 2 schneidige Nachfolger erhalten, einmal einen Armeefhr. u. einen Heeresgruppenfhr., denn R. war ja zuletzt Heeresgruppenfhr. bei uns hier im S. Der Januar, die kälteste Jahreszeit ist nun bald vorbei u. der Russe wird bald seine günstigste Chance verpaßt haben. Sobald es wieder wärmer wird geht es wieder in alter Frische vorwärts u. wenn erst der Japaner von Hinten angreift ist es mit Stalin ganz u. gar vorbei. Die Partisanen sind hier nun etwas zahmer geworden, denn an den Balkonen am roten Platz hat schon mancher gebaumelt. Nun hat man auch den Part. Häuptling von hier auf diese Art erledigt u. wirkt nun als abschreckendes Beispiel schon über eine Woche mit einer großen Tafel. Diesen Brüdern, die schon sehr oft im Hinterland Bahnanlagen zerstört haben, wird man mit der Zeit auch Herr werden, aber nur wenn man so radikal alle Unterkünfte, wo sich solche Kerle herumtreiben anzündet. – Mir selbst geht es noch gut. Mein Kamerad, der Euch vor Whn. angerufen hat liegt nun im Krankenhaus hier isoliert wegen Typhusverdacht. Ich bin froh, daß sein Fieber wieder etwas zurück war. Der genaue Befund der versch. Untersuchg. lag allerdings noch nicht vor. Er liegt in einer Isolierbaracke u. ich kann nur mit ihm von der Tür aus sprechen aber besser so als gar nicht. Er muß eben mal eine gewisse Wartezeit das Bett hüten bis wieder alles sich glücklich einrenken wird. Er ist ja sehr gut untergebracht u. hat auch eine sehr treusorgende dsch. Rotkreuzschwester, von denen hier schon sehr viele in allen Lazaretten sind. Man muß froh sein, daß man bis jetzt überall so gut weggekommen ist, denn hier hätte man sich schon manche Krankheit holen können. Ab u. zu streikt einmal der Magen aber das ist weiterhin nicht schlimm u. das geht auch wieder vorbei. Wenn man nur keine Gelbsucht oder dergl. bekommt. Es kommt natürlich alles von der einseitigen Ernährung, denn im Sommer hat man sehr viel Fleisch gegessen u. das Gemüse u. Obst was sehr wenig war, war war bei weitem nicht zureichend für eine ausgeglichene Ernährung. Wenn Adolfine Zitronen bekommen kann, so wäre es mir recht, wenn ich als ab- u –zu einmal eine bekommen könnte. In Pergamentpapier eingewickelt werden sie sich schon gut halten. Besser vorbeugen, als daß man sich später Vorwürfe machen muß u. sagt „hätt ich doch …“ – Tante Stefanie u. Onkel Karl schrieben mir auch einen Brief vom 29.12., welche ich erst heute erhielt. Adolf ist nun in Holland Nachtjäger u. wird bald seine ersten Abschüsse zu verzeichnen haben. Von Stefan hörte ich immer noch nichts. von Onkel Karl hörte ich, daß sich Stefan verlobt haben soll, das ist mir ganz neu und es ist komisch auf welchen Umwegen man das so erfahren muß. Nun will ich schließen mit meinem Sonntagsbrief u. hoffe, daß es Euch noch gesundheitlich gut geht u. grüße Euch Alle, Euer dankbarer Sohn u. Bruder
Anton

 

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