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Brief (Transkript)

Anton Böhrer an seine Schwester am 02.01.1942 (3.2002.0889)

 

Ch, den 2. Januar 1942.


No 10

Meine Lieben!
Das neue Jahr hat nun bereits wieder gewonnen [?]. Ich weiß eigentlich gar nicht ob ich in den vielen letzten Briefen auch Euch ein glückliches neues Jahr gewünscht habe. Wenn nicht so will ich es heute hiermit nachholen. Hier war es wirklich sehr interessant zugegangen. Unsere kleine Sylvesterfeier war wieder ganz groß, denn unser Komiker Lerch, der schon auf vielen großen Bühnen in allen möglichen Städten gestanden hat, verstand es uns aufs beste mit seinem Gehilfen über 3 Std. zu unterhalten. Es ist ein fabelhafter Artist u. man sieht auf großen Varietebühnen oft nicht mehr als wir hier gesehen haben. In der Komik ist er auch ganz groß u. man kommt aus dem Lachen nicht mehr heraus. Ja, ja solche Kräfte sollte man immer haben, dann ist es schon leichter eine schöne Feier aufzuziehen. Alkohol hat es nun zum guten Ende auch noch gegeben u. so konnte jeder zufrieden sein. Sekt, Konjak u. Rum fast alles französische Ware. – Um ½ 12h war dann der Beginn einer tollen Schiesserei aller Posten in der ganzen Stadt u. man hätte meinen können man befände sich im größten Gefecht. Alle möglichen Leuchtkugeln sah man aufblitzen u zuletzt schoß sogar die leichte u. schwere Flak. Alles freute sich über das nächtliche Feuerwerk in der sehr kalten hellen Mondnacht. – Das Thermometer steht zur Zeit sehr tief u. ist bei -30 Grad C angelangt. Mit der Zeit gewöhnt man sich auch an die Kälte u. so ist alles halb so schlimm. Heute haben wir nun die letzte Winterbekleidung ausgegeben. Ich selbst habe einen gut gefütterten Übermantel auf den ich sehr stolz bin. Auch kamen wieder gute neue Hosen u. alles andere Notwendige an Bekleidung.
Gerade am Sylvesterabend erreichte mich auch Adolfines Brief No 3, 4, 5 u. 6.7 mit den warmen frisch in Ordnung gebrachten Handschuhen u. den Stä[…]chalen [?]. Die Ohrenschützer müssen noch unterwegs sein, aber ich habe ja nun ein paar Ohrenschützer aus Berlin u. auch ein Stirnband aus Breslau. Zu frieren brauche ich nun nicht mehr. In Afrika scheint die engl. Offensive bei Agedabia abgestopt zu sein was ja sehr in unserem Interesse liegt. – Heute waren einzelne Leute im Variete mit russischen Kräften, doch war es diesmal sehr miserabel u. ich war froh, daß ich den 1stündigen Weg nicht gemacht habe, denn es war ohnedies schon kalt genug u. das Theater ist auch nicht geheizt. – Gestern habe ich wieder Geld einbezahlt u.z. 180.-, Ihr könnt mir ja den Eingang dann bestätigen.
Zu Sylvester werdet Ihr sicher Eure Gläser klingen gelassen haben u. in dieser ernsten Zeit ist es auch wiedereinmal notwendig, wenn man für ein paar Stunden an etwas anderes denkt. Wie geht es Vater? Sein Geschwür wird hoffentlich wieder gut ausgeheilt sein. Mein Bankkonto hat sich nun sehr rasch erhöht u. wenn meine Dez. u. Januar Überweisung kommt, so könnt Ihr mir einmal den Beleg davon senden. Ich glaube es sind pro Monat ~ 160Mk. geworden. Der […] bekommt nämlich jedesmal eine genaue Abrechnung von Olmütz oder Tübingen von der Heeresstandortsgebührnisstelle. Nun will ich schließen und wünsche Euch alles Gute vor allen Dingen eine recht gute Gesundheit.
Es grüßt Euch aufs herzlichste
Euer Anton

 

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