Brief (Transkript)
Anton Böhrer an seinen Vater am 11.06.1941 (3.2002.0889)
P., 11.6.41
Lieber Vater!
Für Deinen langen ausführlichen Brief vom Pfingstmontag, der mich sehr gefreut hat recht herzlichen Dank. Therese und Karl schrieben mir heute auch und sandten mir auch einige Aufnahmen vom Acker, den Therese nun auch gesehen haben soll. Wie Karl weiter schreibt liegt er knapp 300 m vom Bahnhof Hochstadt- Dörnigheim u. hat in der Nähe einen kleinen See zwecks späterer Wasserversorgung u. ist außerdem das einzige große Gebäude welches nicht unter einen Erbhof fällt u. deshalb noch zu kaufen ist. Man soll nicht zu sehr Pessimist sein u. einen Kauf schon befürworten, denn nach dem Kriege werden sehr viele Leute bestrebt sein etwas ähnliches zu kaufen, da sie nun schon über 2 Jahre davon abgehalten worden sind. Daß wir den Krieg gewinnen werden steht auch fest nur steht noch nicht fest wann es zu einem endgültigen Frieden kommen wird. Frankreich steht nun auch in Syrien auf unserer Seite u. so haben wir schon einen Bundesgenossen oder besser einen Mitkämpfer mehr gegen England. Daß sich in Rußland nichts ereignen wird davon bin ich auf fest überzeugt denn z. Z. da ja noch sehr viel offen ist, können wir es uns nicht gut leisten gegen einen so großen Staat, dessen Soldaten allerdings auch keine Spezialsoldaten sind wie die deutschen u. nach dem ersten Gefecht „laufen“ s. Finnland, mit einer so enormen Grenze zu kämpfen. Das Land ist so groß, daß es uns dabei leicht wie einem Napoleon gehen könnte, der sich einmal in diesen Weiten verrannte. Kreta ist nun sicher mit wenigen Verlusten trotz stärkstem Beschuß u. Abwehr erobert. Jetzt fehlt bloß noch Gibraltar, das ja auch bald kommen wird. Einen sehr schönen Sieg erfocht ja die Bismarck gegen den größten Schlachtkreuzer Hood der nach 5 Min. spurlos verschwand. Wenn auch nach längerer Fahrt die Bismarck bei größter feindlicher Übermacht sinken mußte, so können wir als Deutsche, trotzdem stolz auf diesen Sieg sein, denn es ist so manches Schiff abgedreht u. dabei kein weiteres deutsches Kriegsschiff beschädigt worden, was bei den Engländern der Fall war. Nun bin ich ganz vom Hauptthema abgekommen u. will noch etwas über die Bepflanzungsmöglichkeiten berichten. Wie bekannt ist für größere Gelände über 3 Morgen nur noch Apfel Hochbusch die rentabelste Bepflanzung. Der Hochbusch ist also ein Buschbaum mit einer Stammhöhe von 60 cm 5 Trieben u. wird mit einem Abstand in Lücke ~4,50 m : 3,6 m gepflanzt. Dazwischen kann man nur noch Füller, d.h. senkrechte Schnurbäume [?] setzen (ein Schema will ich beilegen) oder aber ohne Füller noch mit Rhabarberreihen bereits im 1. Jahre einen Nutzen herausziehen denn die 1 – 2-3 Jhr. muß eine rentable Zwischenkultur, wenn die Bäume noch klein sind betrieben werden. Man kann als Landwirt auch Weizen anbauen oder sonst eine andere Frucht (Erdbeeren Johannisbeeren). Das rentabelste ist natürlich Rhabarber, jedoch ist der Anschaffungspreis entsprechend höher pro Pflz. rund 40-50 ch ohne %. Mit Zuschüssen muss man natürlich auch rechnen u. dieselben natürlich nicht auf die Seite werfen. Schaden entsteht einem dadurch nicht u. man muß immerhin bedenken, daß z.Z. der Obstbau am meisten gefördert wird u. es freut jeden Kreis, wenn er wieder eine größere neue Plantage melden kann. Ich sehe es nicht ein warum ich nun schon wieder umsatteln sollte, denn dann wäre ich ja besser zu den Preußen gegangen, denn allmählich ist man auch alt geworden, daß man sich von einem Lehrling oder Junggehilfen nicht mehr viel sagen lassen will u ich glaube es ist ja auch nicht notwendig. Wenn ich eine große oder rentable Gärtnerei betreiben will, also Gemischt mit Blumen 1/3 u. 2/3 Gemüsebau, so kann ich ohne Glas d.h. Fenster u. Treibhäusern nicht leben. Eine […] wie Henn in Hardheim gehört eben erneuert oder „umgepflügt“. An so einem Betrieb kann man da ich ja schon in guten Betrieben gearbeitet habe, wenn auch mit schlechten Leuten nicht viel Spass haben u. ein Straßenkehrer oder Postausläufer hat es dann bestimmt schöner als so ein Spießrutentänzer. Es würde mich sehr freuen, wenn Du hierüber bald Stellung mir gegenüber würdest, damit ich nun weiß, ob ich nach meiner Entlassung, die einmal von heute auf morgen kommen kann, daran bin eventuell in ein Umschulungslager vielleicht für Vermessungswesen oder sonst ein technischer Beruf (Flugbau) für kurze Zeit als Schüler eintreten kann. Zum Thema Rentabilität möchte ich noch hinzufügen, daß nach mindestens 6 – 7 Jahren mit 2 Mißernten gerechnet (ohne Zwischenkulturen), aber auch schon oft mit 4 Jahren laut Statistik Herr v. W. Meckenheim, der ja in jedem Jahr über 150 Morgen Neuanlagen macht u. auch genügend Bescheid weiß das volle Anfangskapital heraus ist (natürlich nicht Kauf sondern mit sämtlichen Unterhalt u. Anschaffung einschließlich Pachtgeld). –
Nun möchte ich auch noch für die innliegenden 10 .- danken, die man ja hier gut gebrauchen kann. Obwohl nun auch hier Markenzwang ist, so kann man doch noch manche Sachen so erwerben. Du könntest Stefan einmal bitten mir eine kleine Pistole zu besorgen, da meine große tschechische Dienstpistole 9mm sehr schwer ist u. ich hier nicht ohne Munition bei Nacht herumlaufen möchte. Vielleicht gleich mit Munition. Das Geld kann er ja von meinem Guthaben abheben. Zu meiner baldigen Beförderung, die ich ja nun Dir verraten darf gebrauche ich außerdem ein Portepee u. Schulterklappen, die mir Stefan von Würzbg. besorgen könnte (Rom, ehem. Theaterstr.). Ich soll nämlich in Bälde die Spiesgeschäfte übernehmen, die ich schon sowieso fast mitversehe nur fehlt es eben immer noch an einem geeigneten Vermessungsuffz. als Nachfolger für mich. Wenn man eben was taugt u. oft bei größeren Besichtigungen nur allein ein Lob einstecken kann, so ist dies für mich sehr erfreulich, aber jetzt bei meinem Wegkommen wieder zum Nachteil. Der Chef hat eben Angst es könnte nicht klappen u. ein guter Verm.Uffz. muß eben gut ausgebildet sein. Vielleicht kommt es auch so, daß ich gleich beide Geschäfte übernehmen muß. Es ist natürlich für mich sehr zum Vorteil, denn man hat schon wieder etwas mehr zum Mitreden u. den Dreckbudel soll man jemand anders machen lassen.
Zur Entlassung glaube ich kann es auch nichts schaden, denn mein seitheriger Beruf wird immer als erster bevorzugt werden. Es will schon was heißen wenn Uffz., die schon länger als ich beim Komiß sind u. sich verpflichtet haben nicht bevorzugt werden u. auf die Seite fallen. Doch wie gesagt es ist noch nicht ganz soweit u. es hat nich 1-2- Monate Zeit. Du brauchst natürlich noch nichts verlauten zu lassen. Ich will nun schließen u. wünsche Dir sowie Adolfine u. Stefan alles Gute Dein dankbarer Sohn
Anton
da ich am Schluß mit Kerzenlicht schrieb ist alles etwas unordentlich zum Lesen
Ansicht des Briefes
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