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Brief (Transkript)

Kurt Marlow an seine Ehefrau am 27.01.1945 (3.2002.0884)

 

Guben, den 27. Jan.45.



Liebe Mama!

Gleich nach Erhalt Deines lieben Briefes vom 25. I. will ich ihn sofort beantworten. Jetzt bin ich schon 2 ½ Tage im Res.-Laz. 103 und fühle mich so also ob ich nie von diesen Hallen weg war. Es war mit unheimlichen Schwierigkeiten verknüpft von 105 wegzukommen, ich war schon drum und dran dort zu bleiben, man wollte mich einfach wegen der vielen Arbeit nicht weglassen. Du hälst es einfach nicht für möglich was sich dort in den letzten 14 Tagen getan hat, laufend Neuaufnahmen aus den im Osten gelegenen Lazaretten, dazu verschiedene Notaustellungen, also Fälle die äußerst schwer waren, Kopf- und Bauchschüsse. Jedenfalls wußten wir manchmal nicht was zuerst gemacht werden sollte, ich hatte nur immer zu tun um sämtliche Zugänge zu erfassen um sofort die Krankenblätter anzulegen um dann sofort die Operationbsberichte einzutragen. Die Ärzte arbeiteten wie die Kümmeltürken, was diese Menschen jetzt leisten ist nicht mit Worten zu beschreiben, leider war manchmal jede Mühe vergebens. Hier sind täglich die Trecks aus dem Osten am Durchmarschieren, mir tun nur immer wieder die beklagenswerten Menschen leid, sie sind jetzt schon viele Tage bei diesem schneereichen Wetter unterwegs um nur ihr nacktes Leben zu retten. Tausende sind hier schon in diesen wenigen Tagen mit Pferd und Wagen durchgekommen, was wird alleine schon mit der Bahn transportiert, auf unserem Bahnhof tut sich auch allerlei. Ich habe ja nun das feste Gefühl, daß die Russen nicht mehr weit kommen werden, ich glaube kaum das sie bis Guben kommen. Ihr ungeheuer schneller Vormarsch ist ja schon sehr durch die deutschen Gegenmaßnahmen gestoppt worden. Ein Stückchen werden sie wohl noch bei Lissa vordringen, dann wird aber bestimmt ein Halt geboten, unter Umständen kann vielleicht noch Breslau gehalten werden. Ich sehe jedenfalls nicht schwarz in die Zukunft. Ihre Infanterie kann bei diesem Wetter nicht in diesem Tempo folgen was die Panzerspitzen vorlegen, außerdem will für Millionen Maschinenwaffen Munition herangebracht werden. Dieses alles muß berücksichtigt werden, zum größten Teil handelt es sich doch nur um vorgeprellte Panzerspitzen, diese nutzen sich aber auch mit der Zeit durch unsere Waffen ab. Wir haben doch bestimmt noch in ihrem Hinterland große Truppenkontingente zu stehen und diese sollen erst einmal bekämpft werden-
Hier in 103 ist auch mächtiger Betrieb, Dr. B. sagte zu mir gleich bei der Ankunft ob ich beim Personal schlafen will, darauf zog ich zu Oemichen, schlafe bei ihm auf dem Sofa, also wie in alten Zeiten. Mit dem Stubendienst haben wir es so geregelt, daß wer gerade Zeit hat rübergeht um zu heizen und gleich die Bälle hier klar macht. Ich arbeite wieder im Hauptgeschäftszimmer und bearbeite die Krankenblätter. Oemichen hat auch ein Teillazarett in einem großen Saal, es liegt fast neben unserer Garage, morgen gehe ich den Tag über zu ihm um laufenden Schriftverkehr zu erledigen, vor allen Dingen soll ich ihn in allem unterweisen, denn er hatte bisher noch nie mit dergleichen zu tun gehabt. Die Schreibmaschine nehme ich mit rüber dann wird alles sofort erledigt, wäre ja gelacht wenn wir den Laden nicht zur Zufriedenheit schmeissen würden.
Elsa habe ich auch nicht vergessen, morgen erhält auch die Monika eine Geburtstagskarte, dann ist wieder eine Zeitlang Ruhe. Wenn es geht kannst Du ja mal wieder anrufen, 2223, ich bin stets den ganzen Tag dort und immer zu erreichen. Von hier aus anzurufen ist streng verboten und steht unter Strafe, um mir dadurch etwas einzuhandeln habe ich keine Lust. Jetzt ist die öffentliche Briefsperre ja wieder aufgehoben worden, die Feldpost war davon nicht betroffen worden.
Jetzt werde ich schließen, wie mir soeben bekanntgegeben wird trifft in Kürze wieder ein Lazarettzug ein. Es grüßt Dich in alter Frische
Dein Kurt.

 

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