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Brief (Transkript)

Kurt Marlow an seine Mutter am 02.01.1945 (3.2002.0884)

 

2. Januar 1945.



Liebe Mama!

Vielen Dank für Deine beiden Briefe, in dem einen Brief hattest Du wieder einige Scheine eingelegt, der letzte war vom 1.I. 45. Die Angriffe waren wohl nicht so schlimm, na ja wo es hinhaut bleibt doch kein Auge trocken.
Doris brachte mir Dein Päckchen mit, während ich schreibe, verzehre ich so langsam Deinen Kuchen, die Nüsse habe ich vorhin geknackt, jedenfalls recht herzlichen Dank für Alles. Die Zigaretten werde ich mir gut einteilen denn sonst sind die Biester auf einmal wieder alle. Meine Karte zum Weihnachtsfest und den Brief zum Geburtstag wirst Du ja rechtzeitig erhalten haben. Also zu dem Bild hast Du Dich sehr gefreut, leider stellte der Photograf nur dieses Format her sonst hätten wir es vergrößern lassen. Wir waren an und für sich überhaupt froh, daß wir noch vor dem Fest angenommen wurden. Das Verslein hat Doris gedichtet, sie sagte mir, es wäre garnicht so einfach gewesen.
Das Sylvesterfest haben wir recht nett verlebt, Doris, Oehmichen und ich waren von Frau Seiler eingeladen worden, es wollte aber nicht die richtige Stimmung aufkommen, übrigens hörte ich so etwas ähnliches auch von anderen Seiten, die Zeiten sind eben zu ernst. Fast jede Familie ist doch irgendwie durch den Krieg betroffen worden und das macht sich eben doch bemerkbar, wir waren insgesamt 11 Personen also nicht nur wir vier Figuren.
Hier ist es jetzt auch nicht mehr so fürchterlich kalt, heute regnet es sogar ein wenig, wir hatten zeitweilig bis zu 18 Grad minus, es reichte also vollkommen. Ich habe jetzt einen Posten als Polizeiuffz. inne und sitze in der Fernsprechvermittlung, kann also zufrieden sein. Mir ist es ja vollkommen gleichgültig was ich mache, Hauptsache ich habe meine Beschäftigung. Im VB steht heute, daß wieder mehrere Blumenhändler und Gärtner wegen Preisüberschreitung verdonnert worden sind, eine Händlerin vom Potsdamer Platz hatte den 36fachen Umsatz wie 1939, sie wird von einem Sondergericht verurteilt, unter Umständen rollt noch ihre Kohlrübe. Nachher will ich noch in die Stadt gehen um mir ein ¼ Pfd. Butter auf Deine Marke hin kaufen. Morgen will ich mal zum Wagen gehen, mal sehen ob noch alles in Ordnung ist. Zeit zum Staubwischen ist es wieder. Der Wagen steht dort sehr sauber und kein Mensch kommt mit ihn in Berührung, wann wird blos einmal die Zeit kommen, daß man ungestört wieder mit ihm durch die Gegend zischen kann. Es ist gut, daß die Unterbringung kein Pfennig kostet, sonst wäre es schon ein teures Vergnügen geworden. Ich hätte ja damals nicht geglaubt, daß der Krieg einmal so lange dauern würde und ein Ende ist bisher nicht abzusehen. Frau Bohle war also mit meiner Arbeit zufrieden gewesen, haben sie sich über das große Kreuz sehr gefreut? Jetzt auf einmal brauchen sie uns auch, die Welt ist doch zu komisch.
Nun liebe Mama will ich schließen, es grüßt Dich
Dein Kurt.

 

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