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Brief (Transkript)

Kurt Marlow an seine Ehefrau am 30.11.1940 (3.2002.0884)

 

30. November 1940



Mein liebes Dorlechen!

Gestern erhielt ich Deinen lieben Brief Nr. 3 vom 25. XI., vielen Dank. Den ersten schwierigen Tag habt Ihr ja jetzt hinter Euch, Du schriebst mir, daß es diesmal nicht so schlimm war. Reibe Dir auch jedesmal die Hände mit Fett ein damit sie nicht erst anfangen rissig zu werden. Ich hatte ja schon allerhand Kränze und Kreuze fertiggestellt, es kann also nicht mehr so schlimm gewesen sein.
Du schreibst in Deinem Brief: „Die Schlafkrankheit scheint bei der Familie M. chronisch zu sein.“ Ich kann Dir auch mitteilen woran es liegt, wir haben zur Zeit wenig Vitamin C, wenn es genügend Frischgemüse und Obst geben würde, so würde die Müdigkeit nicht mehr in diesem Ausmaße vorhanden sein. Aus diesem Grunde bekommen wir auch während des Einsatzes aus Mangel an Zeit zum Gemüseputzen und kochen Vitamin –Dropse. Es ist auch ein Grund um der furchtbaren Skorbutkrankheit vorzubeugen, Du siehst bei der Wehrmacht wird an allem gedacht. Da wir gerade bei den Krankheiten sind können wir das Thema ja ruhig fortsetzen. In unserem Kursus lerne ich die unmöglichsten Dinge. Vorgestern sämtliche Arten der Heilmassage, Heilbäder alles natürlich praktisch, ich hatte die Ehre Bademeister zu spielen, Halbbad, Asthma, Blasenleiden, Schwitzbäder u.s.w. Dann Lichtbäder, Umschläge, heiß, kalt mittel und mit allen Schikanen. Dann Sportmassage, Medikamente, Inhallationen und was so noch alles gibt. Heute bekam ich den ehrenvollen Auftrag mehrere Adventskränze zu binden, der größte hatte einen Durchmesser von 1,50 m, die anderen waren kleiner. Kerzen und alles was dazu gehört waren vorhanden, so hatte ich eine schöne Beschäftigung.
Hier sind auch wieder wie auch woanders, mehrere komische Käuze vorhanden. Unter anderem ist auch ein kath. Theologie-Student unter uns, nun kannst Du Dir ja ungefähr vorstellen was dieser Jüngling sich so hier anhören muß. Dieser Idiot schwebt tatsächlich stets in anderen Regionen, wenn er mal zu sich kommt versucht er uns zu bekehren. Mein Standpunkt ist ja nun, zur Zeit bin ich Soldat da hört jedes Zivilistentum auf, da denke ich auch nicht an meinen Beruf, ich bin eben jetzt nur Soldat. Dieser Mann macht sich doch nur das Leben schwer, Tag und Nacht sitzt er in einer Ecke ganz für sich und liest, nachts mit der Taschenlampe im Bett, denkst Du etwa es kommt einmal vor ihn einmal in der Kantine beim Glase Bier oder beim Spiel zu sehen, nein er macht nirgends mit. Natürlich haben wir ihn völlig isoliert dieses ist seine eigene Schuld, mit mir hat er in den 14 Tagen noch kein einziges Wort gewechselt. Dann ist noch ein anderer Kamerad vorhanden, dieser ist wie man so schön sagt, das schwarze Schaf der Truppe. Keiner von uns ist bisher irgendwie aufgefallen, er fällt in einer Tour auf, aus diesem Grunde bekommt er zig Nebenbeschäftigungen. Wird für irgend eine Beschäftigung jemand gebraucht schon ist er dran, aus diesem Grunde ist er sehr verbittert, eine kleine Macke hat er nebenbei gesagt auch. Gestern war ich mit einem Kameraden abends in Tarnow um mal raus zu kommen, ich kann nur sagen schade um die Zeit und um das ausgegebene Geld. Hätte ich mich ins Bett gelegt wäre es gescheiter gewesen, Tarnow ist ein zu besch… Nest. Na in 14 Tagen ist auch der Kursus vorüber dann geht es wieder in die alte Heimat. Hier ist nur das Essen ganz ausgezeichnet, schmackhafter kann es zuhause auch nicht zubereitet werden. Der Koch gibt sich auch die erdenklichste Mühe. Ich werde auch wieder etwas kompakter um mich vornehmer auszudrücken, nein, nein, Du brauchst keine Angst zu haben, bei dem vielen Sport der hier getrieben wird ist ein Fett ansetzen ausgeschlossen. Nun zu unserem kleinen Heim. An dem Riegel ist innen ein Schnappteil abgebrochen und müßte um es reparieren zu können geschweißt werden. Ich finde ja nun den Riegel unnötig, erstens ist die Jalousie vorhanden und dann noch das Zeiss-Schloss. Wenn ein Verbrecher reinkommen will kommt er überall herein, wenn auch so ein Fatzriegel vor ist. Die Hintertür ist ja eigentlich vollkommen sicher mehr Sicherheitsvorrichtungen sind ja unmöglich anzubringen. Hat der Tischlermeister Krause eigentlich mal wieder gemeldet, oder warst Du bei ihm?
Mein liebes Frauchen, jetzt wüßte ich aber wirklich nichts mehr, hoffentlich bist Du mit meinem Geschreibsel zufrieden?
Es grüßt und küßt Dich

Dein Kurt

 

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