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Brief (Transkript)

Kurt Marlow an seine Ehefrau am 22.05.1940 (3.2002.0884)

 

22. Mai 1940



Meine Margot!

Kleines Frauchen ich muß mit Dir heut ein kleinwenig reden, dieses so völlige Alleinsein unter den vielen Menschen führt direkt zum Trübsal. Mit keinem will oder kann ich mich persönlich unterhalten, die einzigste Zuflucht bist dann stets Du. In meiner alten Komp. herrschte doch ein anderer Geist vor allen Dingen waren dort Menschen mit denen man sympatisierte, mit denen man sich wirklich nett unterhalten konnte. Vielleicht ist auch dieses der Grund meiner augenblicklichen Stimmung sind gerade verschiedene dieser Kameraden leider nicht mehr am Leben. Ich war heute wieder vorne und traf dort einige Bekannte diese erzählten es mir. Einer der Gefallenen, auch Sanitäter, ist erst vor kurzem zum zweiten Male Vater geworden, er führte eine sehr glückliche Ehe. Es ist noch garnicht solange her da erzählte er mir so einiges von seinem Zuhause, zeigte mir stolz Bilder seiner Familie und war restlos glücklich und jetzt auf einmal dieses Elend. Um einen Kameraden, es ist Herbert Großer habe ich so eine unbestimmte Angst, ich weiß auch nicht wie ich mir das erklären soll, jeden Tag muß ich an ihn denken, auch er ist sehr glücklich verheiratet. Heute wollte ich ihn schon aufsuchen aber es ist was dazwischengekommen aber morgen tue ich es ganz bestimmt. Dorle, ich glaube Dir würde es genauso ergehen wenn Du wüßtest Utta ist in Gefahr, Du würdest bestimmt auch alle Hebel in Bewegung setzen um zu erfahren ob sie noch am Leben ist. Da wo die Jungs liegen ist die Hölle los, man muß es selbst erlebt haben was es heißt Bunkerkämpfe. Oft mußten die Verwundeten Stunden in einem Granattrichter liegen da sie die Krankenträger nicht holen konnten, der Feind schießt auf jeden der sich blicken läßt mit stärkstem M-G Feuer. Sogar auf Sanitäter die mit Tragen die Verwundeten vom Felde bringen. Unser einer Krankensammelpunkt der als dieser weithin gekennzeichnet ist liegt oft unter Artilleriefeuer, es ist ein großes Gut, die Bande hat vorgestern sogar mit Gasgranaten geschossen. Und dort holen wir zum teil die Verletzten und bringen sie zu uns auf den Hauptverbandplatz, hier ist es ja ziemlich ruhig.
Wie gerne würde ich jetzt wieder so dicht, so ganz ganz dicht bei Dir sein. Mein Kopf müßte an Deinem Halse ruhen, ich würde wieder Deinen Geruch einatmen können den ich so liebe Dorlechen, wie war ich doch immer so restlos glücklich wenn ich bei Dir sein konnte. Ich habe Dich doch nun einmal so lieb. Geht es Dir auch so wenn Du so in Gedanken so ganz intensiv bei mir bist, schmerzt Dir dann auch Dein Herz, hämmert es dann nicht auch so unbarmherzig in der Brust als wenn es heraus möchte. Ich bin so glücklich einen Menschen zu besitzen der mich versteht, der sich in all meine Nöte hineinversetzen kann, dieser kleine Mensch heißt Margot-Dora und trägt zum Zeichen, daß sie für immer mir gehört, meinen Namen.
Mit Sehnsucht erwarte ich nun schon wieder Deinen lieben nächsten Brief, leider war bei der heutigen Post von Dir nichts dabei. Herbert schrieb mir auch schon einen kurzen Brief darin teilte er mir seine Nummer mit, ich habe ihm umgehend geantwortet, vielleicht können wir uns irgendwo treffen.
Jetzt fängt es an zu regnen, dadurch ist endlich der Staub an den Erdboden gebunden, die Sachen sind schon dadurch ganz grau geworden. Kleine liebe Margot es ist schon wieder stockdunkel aus diesem Grunde muß ich schließen, mein Lager im Wagen habe ich ganz patent aufgebaut, besitze jetzt wieder 3 Decken brauche also nicht zu frieren. Besitze sogar einen hochfeudalen Schlafanzug, nun lache aber nicht es ist ein ganz neuer Monteuranzug, ja man wird so langsam immer vornehmer. Ich schlafe jetzt sogar ganz ruhig sonst falle ich natürlich von der Rückenlehne die mir zum Teil als Matratze liegt, so ein Krieg hat auch seine guten Seiten, so brauchst Du später keine Angst mehr zu haben so langsam aber sicher aus dem Zelt gedrängelt zu werden.
Jetzt muß ich wirklich schließen, grüße bitte Alle, es grüßt und leider küßt Dich nur in Gedanken
Dein Kurt.

 

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