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Brief (Transkript)

Kurt Marlow an seine Ehefrau am 18.05.1940 (3.2002.0884)

 

18. Mai 1940


Liebe, liebe Margot!

Gerade ist es 20.30 Uhr geworden und ich denke, daß es für heute Feierabend ist, habe gut Abendbrot gegessen und zwar Brot mit einer Art Corned Beef dazu eine gute Flasche Rotwein, ganz in Ordnung nicht wahr? Aber jetzt will ich mich mit Dir ein kleinwenig unterhalten. Ich will Dir mal so den heutigen Tag beschreiben, denn es war mal ausnahmsweise ruhig. Da ich erst so gegen 2 Uhr morgens zum schlafen kam stand ich erst um 8 Uhr auf, das heißt, es wurde gegen meine Wagenfenster gebummert und draußen stand mein Oberzahlmeister ein sehr netter Mensch. Nach einer Stunde fuhren wir dann zum Divisions-Verpflegungslager um Nahrungsmittel zu besorgen. Während wir nun dort anstanden lief mir ein früherer Kamerad meiner letzten Kompanie in die Quere, zu meiner großen Freude hatte er ein Päckchen von Dir für mich mit den Leckerbissen von Hamann gefüllt, vielen Dank liebe Doris. Leider mußte er mir einige traurige Nachrichten mitteilen, verschiedene gute Kameraden sind beim Sturm auf die Maginot-Linie gefallen, verschiedene verwundet darunter einer erblindet, es war ein lebenslustiger Mensch.
Dann fuhren wir beide wieder zurück, im Feldlazarett angekommen standen schon 6 Eßkübel mit Mittagessen bereit um weggebracht zu werden. Ich brachte sie dann nach vorn zu den beiden Krankensammelplätzen, sie liegen ungefähr 1 Km von der Hauptkampflinie entfernt, in einer ist Dr. Palinke. Auf der Rückfahrt mußte erst auf einer Stelle eine Zeitlang warten, da die Chaussee beharkt wurde kam so gegen 16 Uhr wieder zu Hause an. Aß Mittag, baute noch am Wagen der Vergaser war völlig verschmutzt, dann wusch ich meine graue Tuchhose sie war wirklich reif, anschließend aß ich Abendbrot und jetzt schreibe ich so mein Tagesgeschehen. Gestern war ich z.B. in verschiedenen Bunkern der Maginot-Linie, ich muß sagen, ich war doch reichlich überrascht über diese primitivität dieser Bauwerke. Mit unseren Bunkern überhaupt kein Vergleich, kein Ofen, keine Entlüftung, keine Betten wie bei uns sondern einfache Holzgerüste, keine gasdichten Schränke nein, überhaupt kein elektr. Licht, kein Aufenthaltsraum wie wir ihn haben, kein richtiger Tisch oder Stuhl. Wohlverstanden, falls in Deinem Büro die Herren von etwas gegenteiligem faseln, die Werke sind genau so groß wie unsere, ich war doch etwas leicht erschüttert. Von eisernen Portionen mit denen sie wochenlang auskommen können war auch nichts zu sehen, bei uns stehen mehrere Kisten Konserven. Einige Bunker befanden sich in richtigen Wohnhäuser inmitten eines Dorfes das gesamte Dorf ist natürlich dadurch in Mitleidenschaft gezogen worden.
Gerade kommt Gerhard Tollähn mit seinem Wagen von der Front zurück mit einigen Verwundeten im Fond, wir haben den gleichen Posten.
Eben ist mir Post gegeben worden ein Brief von Dir es ist Nr. 26. und eine Karte von Elsa, bestelle ihr einen schönen Gruß, jetzt muß ich erstmal Deinen Brief lesen. Liebe kleine Doris ich bin doch etwas leicht geknickt, es waren doch keine Vorhaltungen die Dir in dem einen Brief schrieb. Es ist doch so, ich habe doch auch mal das Bedürfnis mich mit Dir zu unterhalten, leider ist es nur einseitig, Du kannst mir nicht sofort Rede und Antwort stehen, wären wir nun zusammen so wäre das Thema in Kürze erledigt. Da dieses aber nicht der Fall ist, ist es so langwierig, ich schrieb es doch nur weil ich doch so grenzenlos liebe und wo Liebe ist da ist auch gleich die Eifersucht zur Stelle, denn sonst ist es keine Liebe. Kleines, ich habe es wirklich nicht so gemeint mein Vertrauen zu Dir ist unbeschreibbar, Du weißt garnicht wie glücklich Du mich gemacht hast. Unser Eheleben war ja erst kurz aber wir haben ja schon einige Vorstudien getrieben.
Heute habe ich an Dir 2 Päckchen abgeschickt laß es Dir gut über den Gaumen rieseln. Wo ist Herbert? Von ihm habe ich schon längere Zeit keine Post bekommen ich nehme ja an daß er sich jetzt auch im Westen befindet. Es ist jetzt stockdunkel daher muß ich schließen, ich baue mir noch mein Lager und dann sind wie vor jedem einschlafen meine Gedanken bei meiner über alles geliebten Frau und jetzt bekommst Du unzählige Küße von Deinem Kurt

 

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