7. Sept. 1939

Liebe Mama!

Heute ist der erste Tag wo ich richtig Zeit habe um zu schreiben. Ich bin als Sanitäter eingeteilt worden und fahre die beiden Bataillonsärzte, beide sehr nette Menschen auf einer NSU Beiwagenmaschine. Wir sind über Oberschles. nach Polen einmarschiert und schon sehr tief eingedrungen, wir schätzen 125 km. Die Sache geht völlig reibungslos, haben bisher noch keinen Verwundeten gehabt. Wir können garnicht so schnell nachsetzen wie die Polen fliehen, die Flüchtlinge kehren schon in großen Scharen zurück, darunter auch sehr viele Juden. Liebe Mama, so was vermistetes wie diese Polacken sind habe ich noch nicht gesehen alles schrecklich ärmlich und primitiv, in manchen Dörfern hat nur ein Gehöft einen Brunnen, die Leute sind alle freundlich was sollen sie denn auch machen. Ein deutsches Regiment marschiert hinter dem Anderen, dazwischen unzählige Fahrzeuge. Die Straßen sind unter aller Kanone, vor Staub ist oft nicht 5 m weit zu sehen, alles klappt ganz großartig, man kommt garnicht aus dem Staunen heraus, die Straßen sind oft verstopft, den Polen muß ja Angst und Bange werden, am Himmel jagen die Geschwader, wir haben bisher noch kein einziges feindliches Flugzeug gesehen oder zerschossene Häuser, alles geht reibungslos, wie gesagt wir kommen garnicht so schnell nach. Was aus dem polnischen Volk wird und wo das bleibt ist uns allen ein Rätsel und ja auch schnuppe, Hauptsache der Krieg ist bald zu Ende. Meine Maschine ist kaputt und wird von einer Werkstattkompanie, während ich hier schreibe, repariert, Du siehst an alles ist gedacht. Tue mir bitte den Gefallen und glaube keine Gerüchte, die werden nur von Wichtigtuern, die keine Ahnung haben, verbreitet um die Leute verrückt zu machen. Es ist wirklich so wie ich Dir schreibe. Wir sind alle überrascht, daß wir auf keinen Widerstand stoßen, wir sind eben zu überlegen. Heute morgen hörte ich daß England die Feindseligkeiten gegen uns eingestellt hat, kann aber auch ein Gerücht sein, wäre ja sehr schön, wir haben hier nämlich keine Zeitung und kein Radio, ihr seid ja besser dran. Wie ist es mit dem Essen in Berlin, wir haben hier reichlich, jeder so viel er will, was übrig bleibt holen sich die Polacken, ein dolles Volk, das es so was überhaupt noch in Mitteleuropa gibt, und so was will einen Krieg gewinnen. Geld haben wir alle massig, bloß kaufen können wir nichts alle Läden sind ausverkauft oder geschlossen, sie waren auch alle fast ausnahmslos in jüdischen Händen und sind natürlich über alle Berge, wo die bloß wohl noch mal bleiben, keiner nimmt die doch auf, na nicht meine Sorge. So nun werde ich schließen also sei herzlich gegrüßt von

Deinem Kurt.