Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Rudolf Kurth an seine Ehefrau am 31.08.1941 (3.2002.0867)

 

Rußland, 31.August 1941



Mein innigstgeliebtes Trudchen!

Gestern habe ich den ersten Brief von Dir erhalten, vom 18./8. mit den gelben Blumen. Auch Post von Müllers und von Margot habe ich bekommen. Über die Post habe ich mich sehr gefreut, na Du weißt ja wie es ist wenn man erhällt. Enttäuscht war ich aber das nur kein Briefpapier geschickt wurde, ich habe mir dieses wieder zusammen gebettelt.
Über Margots Leiden, oder vielmehr über meinen Vater habe ich mich geärgert. Haben denn die beiden in dieser schweren Zeit nichts weiter zu tun als sich das Leben schwer zu machen? Wie ich zwischen Margot’s Zeilen lese, ist mein Vater Dir sehr wenig gewogen. Ärgere Dich nicht darüber ich werde zur gegebenen Zeit ihm meinen Standpunkt klarmachen. Wie der ausfällt dürfte Dir wohl so ziemlich klar sein. Ich habe nichts dagegen einzuwenden das Du mit Margot verkehrst, wenn auch das Verhältnis zu meinem Vater nicht so ist wie es sein sollte. Das Dein Vater wieder erkrankt ist bedaure ich aufrichtig, ich wünsche ihm gute Besserung. Ich wünsche mir ihn wenigstens nochmals sprechen zu können. Reinholdchen soll mir man auch gesund bleiben, denn sonst ist sein Papa traurig.
Wenn ich in Stellung liege, das Gewehr in Anschlag, die Granaten um mich her einschlagen, ich auf den Russen schieße, da denke ich oft an Euch, sehe Euch so ganz lebendig vor mir, könnte Dich und die Kinder küssen. In Gedanken habe ich dann Reinhold in der Hand, zeige ihm die Stellungen und erkläre ihm und Dir da so manches. Wir waren auf einer Dnjeper Insel in Stellung, liegen jetzt in Ruhe um unser Waffen und Ausrüstung in Ordnung zu bringen. Der Russe schießt mit Gewehrgranaten, noch gemeiner als Dum Dum Geschoße. Auffallend war die Ruhe in letzter Zeit, die Flieger kommen nicht mehr und die Russiche Ari schießt selten. Der Russe scheint wieder auf dem Rückzuge zu sein. Müller’s kannst Du berichten das ich bestimmt öfter geschrieben hätte, wenn ich Papier hätte. Erlebt habe ich bestimmt sehr viel und auch gesehen, da wir immer am weitesten vorn waren. Tomaten habe ich hier auch schon geerntet, allerdings sind diese sehr klein und schmecken nicht so pikant wie Eure. Ich empfehle Dir, von unreifen Tomaten Marmelade zu kochen welche sehr gut schmeckt. Heute habe ich 100- Mk an Dir per Feldpostzahlkarte abgeschickt. Ich habe jetzt noch 52,80 Mk hier, ich kann hier das Geld garnicht gebrauchen. Pilze habe ich hier nur weiße gesehen und sie erst für Vogeleier gehalten sonst keine. Schön ist es das Du Geld ersparen konntest, denn jedes wird uns unserem Ziele näher bringen. Ich beschäftigte mich oft mit diesen Gedanken. Mit den Schwaben kann man sich kaum unterhalten, es geht mir mit denen so wie Dir mit den Wiener Mädchen. Obst esse ich sooft ich dazu komme, ich hatte schon häufig Durchfall davon. In den Gärten wächst alles wild durcheinander, Tomaten unter Kartoffeln neben Kürbis dazwischen Gurken und Melonen. Weißt Du, ich bin ja mächtig scharf auf ein Motorrad, bin mir allerdings über die Type noch nicht klar. Hoffentlich kommt bald Lenchen’s Geburtstagsspende die Drops. Also ich habe noch kein Päckchen erhalten. Wenn der Krieg zu Ende ist? Ja, das müßt Ihr besser abschätzen können als wir. Wir sehen nur Örtliche Erfolge, Ihr habt aber den gesamt Überblick. Also versucht mir öfter’s zu schreiben und Briefpapier zu senden. Wenn es geht erfüllt mir auch kleine Wünsche, Traubenzucker, Pfeife, Waschbürste, Taback haben wir selten. Zeitschriften. Rasierklingen. Übrigens hatte ich einen 12 tägigen Bart, mehr Haare im Gesicht wie auf dem Kopf. Na alles Gute und auf Wiedersehen, hoffentlich bekommst Du meine Post eher wie ich Eure. Gruß und Kuß Dein
Rudolf
Grüße Reinhold, Gerhard, Eltern u. Müllers, Hilde
2/9. Päckchen mit Drops erhalten und Postkarte vom Vater vom 8/8.

 

top