Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Rudolf Kurth an seine Ehefrau am 11.07.1941 (3.2002.0867)

 

11.7.41.



Mein liebes Trudchen!

Briefumschläge habe ich jetzt nicht, will Dir aber in Erwartung das ich welche bekomme trotzdem schreiben.
Wir sind eben bei Strahlendem Sonnenschein in eine Russische Stadt eingerückt. Jetzt haben wir schon ein tolles Gewitter, vor dem Beginn haben wir in den Häusern Schutz gesucht. Wir sind in einer Art Konsumladen welcher aber wie alle anderen zerstört ist. Ich war vorher noch in die Wohnung von Juden geraten, habe diese so über die Verhältnisse im Sowjet-Staat ausgefragt. Habe auch einen Blick in ihren Kochtopf getan. Es war dünne Hirsebrühe. Die Bauern essen meist Brot, Milch u. Eier, anderes Essen habe ich fast nie angetroffen. Grade gestern, hatte eine Bauersfrau so eine Art Kuchen gebacken, aber ohne Zucker.
Wenn der Russe weiter so alles vernichtet, so schädigt er ja Hauptsächlich seine eigene Bevölkerung, uns kann er nicht. Da wir auf die Verpflegung von Seiten der Bevölkerung nicht angewiesen sind, sie zwar gern soweit vorhanden zusätzlich nehmen.
Je weiter man nach R. hineinkommt, desto schmutziger u. ärmlicher wird es. Erschreckend viel Juden wohnen in den Städten. Da sind die Polnischen Verhältnisse gut gegen hier. In der Waffenherstellung ist ja der R. gut, er hat klotzig viel Panzer. Aber sobald die sich sehen lassen sind sie auch schon von unserer Pak zerschossen. Mit unsern Verbündeten haben wir auch schon Fühlung genommen. Diese tragen auch Deutsche Stahlhelme nur das er Olivgrün ist.
18.7.41:
Heute bin ich nun 2 Jahre Soldat, eine lange und inhaltreiche Zeit. Ich habe viel von der Welt gesehen, bin jetzt etwa 480 km marschiert im letzten Monat. Zwar nicht in einer Richtung, aber die Marschleistung ist doch vollbracht. Draußen regnet es, ich befinde mich in einem Zimmer einer Fabrik. Der Schneider hat meine Uniform zur Reparatur. Die hat natürlich gelitten, muß aber wieder ganz sein wenn’s an den Feind geht. Wir liegen in Reserve, es kann aber jede Stunde losgehen. Mit Auto’s kann man ja an der Einsatzstelle sein. Schön ist solche Marschpause, mal wieder etwas lange geschlafen. Anbei lege ich Dir einen Zeitungsausschnitt bei, ein gutes Stimmungsbild wie es wohl bei allen Soldaten ist.
Als ich vorgestern im Zelt lag, rauchte ich noch eine Zigarette. Darüber bin ich eingeschlafen und habe mir den Hemdsärmel verbrannt. Na der Schneider wird sich wundern. Zu Hause darf es ja nicht vorkommen im Bett zu rauchen, hier macht man ja die tollsten Sachen.
Weißt Du wenig schön ist es wenn man so auf Post wartet, gestern kamen grade 4 Briefe für alle an. Wundern muß man sich ja das überhaupt noch Post nachkommt, denn einfach dürfte es für die Feldpost grade jetzt nicht sein. Staunen muß man ja wie schnell unsere Truppenteile Notbrücken errichtet haben. Wir sind über viele Brücken gekommen, die alte hatte sogar noch gebrannt, da war die neue schon in Betrieb. Gestern war das Kantienenfahrzeug da, da habe ich mir eine Kiste Zigarren gekauft. Spiegel usw. hatten sie nicht mehr.
Die Wasserverhältnisse werden immer schlechter, die Dörfer liegen jetzt weiter auseinander. Wo wir bleiben ist eine Wolke von Staub. Auf dem Kopf habe ich eine schmierige Kruste von Staub uns Schweiß. So oft es geht wasche ich mich, aber schmutzig ist man schnell wieder. Heute habe ich rote Gefangene ohne Bewachung gesehen, anscheinend fühlen die sich sehr wohl bei uns. Ich kann mir Deutsche in ähnlicher Lage ohne Fluchtversuch gar nicht vorstellen.
Juden über Juden gibt es hier in Russland, Wir sind schon lange aus dem ehemaligen Polnischen Teil heraus. Aber überall sprechen die Juden die Deutsche Sprache, wenn auch oft sehr schlecht. Ich muß austreten gehen, aber bei dem Regen möchte ich mir den Popo doch nicht naß werden lassen.
Da lachst Du, ja das sind so Landsersorgen. Schlimm ist es erst wenn man muß und die Kugeln pfeifen über einem hinweg, da wird man Artist im austreten gehen. Über Haarausfall klagen jetzt viele Kameraden. Wenn ich mir die Gesichter ansehe, finde ich das viele in den paar Wochen gealtert sind. Gerhard hat am 24. Geburtstag, ich gratuliere. Euer Papa denkt immer an Euch, wo ich auch grade bin. Ob mir Hilde evtl. ihren Photo verkaufen würde, denn sie verwendet ihn wohl doch kaum. Im Urlaub!!! würde ich ihn mir dann mitnehmen. Es ist nicht erforderlich das sie ihn mir gibt, doch so manche Aufnahme könnte ich machen. Der andere Apparat, da bin ich froh das ich ihn los bin. Er hat mir doch nicht recht gefallen. Der Verschluß war nicht ganz in Ordnung und auch der Sucher nicht.
Wie geht geht es denn Fritz, ist er krank geschrieben wegen der Nerven?
Wie geht es Vater und Mutter, ich hoffe das sie auch gesund sind. Vor allem wie geht es Dir mein Liebling, es ist nicht leicht Soldatenfrau zu sein. Noch dazu wo man so viele sieht, die noch zu Hause sind, ja? Wie steht das Verhältnis zwischen Vater u. Margot? Wenn Du Dich mit Margot verstehst, dann habe ich nichts dagegen wenn sie Dich besucht auch wenn da nicht alles in Ordnung geht. Nun wünsche ich Dir und unseren Kindern alles Gute. Herzliche Grüße und innige Küsse sendet Dir in tief empfundener Liebe Dein
Rudolf

 

top