Geesthacht 11.2.43

Lieber Franz!

Endlich komme ich dazu, Dir einen Brief zu schreiben. Ich war fast die ganze vorige Woche an Mandelentzündung erkrankt und mußte das Bett hüten. Während der Krankheit bekam ich eine Karte, die großen Wert für mich hat. Der Inhalt lautet folgendermaßen: Ihr Sohn Reinhard hat die Aufnahmeprüfung für die zweijährige Handelsschule bestanden. Über den Beginn des Unterrichts erhalten Sie noch nähere Mitteilung. Der Direktor. Ich habe mich sehr dazu gefreut, die anderen, aus Geesthacht, die auch zur Handelsschule wollen, haben auch die Aufnahmeprüfung bestanden. Außer mir geht an Jungen noch Franz Mrozek hin, mehr nicht. Nun etwas anderes. Du Verlangst nach einer Räubergeschichte ohne Blut. Dieses ist nun keine wahre Räubergeschichte, aber trotzdem wahr. Du kennst doch noch aus Deiner Jugendzeit Willy Büsing? Dieser plant nämlich, mit 30 000 Hitlerjungen in Amerika einzufallen. Dort will er dann eine Farm aufmachen und wenn er Amerika kennengelernt hat, will er die jetzige Regirung stürtzen und an ihrer stelle Amerika führen. Außerdem sollen alle 30 000 Jungen einen Lederkoffer mitnehmen, denn er plant noch vor dem Regirungssturz mit einem Schneepflug nach Alaska rauf zu rauschen um dort die Goldberge Auszubaggern. Ich bin natürlich ein treuer Gefolgsmann von ihm. Er wird demnächst mit Fr. Weseloh und Baldur v. Schirach über die Sache sprechen. Das sagte er heute zu uns, als er uns von der Kirche abholte. Er zeigte uns auch ganz stolz seinen neuen Mantel, der nach seinen angaben 2 Zentner wiegen soll. Nun will ich nicht zuviel von ihm schreiben, denn mir fällt eben etwas anderes ein: Das Kücken war schon schon wieder einmal hier und zwar am Mittwoch den 10.2.43. Sie will Sonnabend ein Bild mitbringen. Ich habe ihr das auf die beschriebene Art beigebogen. Ich soll Dir nun herzlich von ihr grüßen. Das ist alles für heute.
Viele Grüße
Dein Bruder Reinhard