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Brief (Transkript)

Erich Grießhammer an seine Ehefrau am 15.2.1945 (3.2008.1747)

 

Feste Küstrin, 15.2.45



Mein liebes Frauchen!

Post kommt noch immer keine heran, so muß ich mich damit begnügen Dir zu schreiben. Ich möchte Dir heute etwas ausführlicher schreiben, damit Du über manches bescheid weißt, was Dir vielleicht Sorgen bereitet. Nur die Hauptsorge, daß ich hier rauskomme, kann ich Dir leider nicht abnehmen. Ich war heute im Lazarett zur Untersuchung. Ich komme vorläufig nicht weg von hier. Zu Essen bekomme ich was ich brauche, da leide ich keine Not, es ist von allem genügend da. Es wird jede Hand hier gebraucht und darum wird keiner hier herausgelassen, nur Schwerverwundete. Wann wir uns wiedersehen, ist eine unbestimmte Frage. Ich kann sie Dir nicht beantworten. Große Kämpfe finden ja hier nicht statt, so ist vorläufig die Gefahr nicht so groß. Wenn die dauernde Schießerei nicht wäre, würden wir uns hier diereckt glücklich fühlen. Unsere Villa beherbergt jetzt die ganzen Bäcker, die Ältesten sind 50 – 60 Jahre alt. Jetzt haben wir schon 1 Woche bald nicht gebacken, aber viel Freizeit gibt es auch nicht. Die Wäsche muß gewaschen werden, alles sauber gemacht, Essen gekocht, geschlafen und ab und zu in der Bäckerei Nachtwache machen. Wir leben hier zusammen, wie in einer Familie. Heute haben wir einen ganz großen Tag. Es wird eine kleine Feier veranstaltet. Kuchen, Seckt, schön belegte Schnitten, Zigaretten usw. ist alles vorhanden. Sogar eine kleine Bühne eingerichtet, da wird heute Abend ein „Fronttheater“ (eigene Kräfte) ihre Kunst zeigen. – Ich wünschte ich könnte Dir einmal ein Paket schicken. Schokolade, Würstchen, Fleisch, Ölsardinen, Trockenmilch alles in Büchsen. Rosinen, Pflaumen (petr.) Zucker, Malze, Honig, Käse, verschiedene Marmelade, also alles was man sich denken kann, auch Gebäck und Seife. Wir wußten mitunter nicht, was wir zuerst essen sollten. Von der Neustadt, bin ich aus dem Grund weggekommen, weil die alte Bäckerei wieder in Betrieb gesetzt worden ist. Mit der Arbeit ist es jetzt nicht mehr so schlimm. Ich habe ein schönes Amt übernommen, was mir äußerst leicht fällt, und zwar muß ich dauernd Wasser heiß machen, damit in der Bäckerei laufend warmes Wasser vorhanden ist. Gestern war ich beim Friseur, aber wegen Beschuß wurde der Laden geschlossen. Am Nachmittag ging ich nochmals, doch wie verhext, kam wieder Beschuß, so mußte ich dann wieder davon absehen. Nun bin ich sogleich heute morgen gegangen und bin auch sogleich dran gekommen. Ich habe diesen Brief nun schon zum 5. male weitergeschrieben. Jetzt haben wir schon den 18.2. 18 Uhr. Morgen fangen wir wieder an mit backen. Mit der Feldpostnr. hat es weiter keine Bewandtnis. Weil wir zum Frontgebiet zählen, darf keine offene Anschrift verwendet werden. – Ich bin ja gespannt, wann ich endlich einmal Post von Dir bekomme, es ist ja schrecklich in Ungewißheit zu leben. Ich hätte doch so gern ein paar liebe, Zeilen von Dir. Ich weiß, Du kannst ja nichts dafür, liegt ja an all den jetzigen Ereignissen. Ich muß halt warten, bis ich grau werde. Unser „Galgenfest gestern ist ganz gut aufgezogen gewesen. Einen ganz kleinen Schwips hatte fast jeder und ein köstlicher Humor war in unserer Mitte. Der Kuchen, den wir dazu gebacken haben, war einfach aber oho. Ich hatte ja unglücklicherweise Wache, sodaß ich gerade 2 Std. schlafen konnte. Es war vielleicht das letzte Vergnügen, was wir hatten. Ein Hoch auf den Galgenhumor. Nun mein Liebling grüßt Dich in alter Frische Dein geliebter
Erich

 

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