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Brief (Transkript)

Erich Grießhammer an seine Ehefrau am 30.11.1944 (3.2008.1747)

 

Bln. 30.11.44



Meine geliebte Frau!

Seitdem Du nun wieder von mir weg bist, ist es erst recht einsam um mich geworden. Wen ich auch die Kameraden um mich habe, so bewegt mich doch ein unstetes Gefühl des verlassenseins. Die Zeit schleicht dahin, es ist bald als ob die Uhren stehen geblieben sind. Es war blos gut, daß ich zum EKg, und zur Blutsenkung mußte heute morgen, sonst wäre die Zeit überhaupt nicht vergangen. Es ist jetzt 14h, das Mittagessen war wieder preiswert, da hast Du wieder etwas verpaßt. Es gab nämlich: Nudeln mit Hühnerfleisch u. =Brühe. Ich habe sogar ein kl. Herzchen drin gehabt. 3 Teller voll kippte ich mir in meinen Magen hinein. Dann wollte ich noch ein bischen lesen, aber die Unlust hat zu nichts Lust und zeigt nur Interesse in Gedanken an Dich so muß ich halt Papier und Füller zur Hand nehmen und meinen goldigen Liebling schreiben. – Wie gern wäre ich noch ein Weilchen gestern Abend bei Dir geblieben und hätte um ein paar Küßchen hinausgeschoben, aber meine Beine wurden schwach, so durfte ich es nicht darauf ankommen lassen. Du weißt ja, was auf dem Spiele steht. Es hat mir zwar nicht weiter geschadet, die Temperatur ist gleich geblieben, aber es geht doch manches mal schneller, wie man denkt mit einem Rückschlag. – Wie bist Du zu Hause angekommen? ohne Zwischenfälle? Du bist jetzt sicher schon zu Hause, ich denke doch? Ich habe immer an Dich denken müssen, ich konnte garnichts anderes mehr denken. Als ich in meiner Stube ankam, legte ich mich sogleich wieder zu Bett und um meine Gedanken etwas zu bannen, versuchte ich, das Gedicht fertig zu machen. Wie gefällt es Dir in dieser Ausführung? Du wirst Dich auch noch nicht richtig wohl fühlen zu Hause. Nun fängt die Arbeit wieder an, aber denke nur immer daran: Du arbeitest für unser nächstes Wiedersehen. Auf dieses wollen wir uns schon jetzt wieder freuen, wenn wir auch den Zeitpunkt noch nicht wissen, lange wird jedenfalls unsere Trennung nicht dauern. Wir wollen einmal etwas abergläubig sein und die Zahl 13 als Glückszahl gelten lassen. Wollen doch mal sehen, ob diese uns hielft. – Aufstehen darf ich noch immer nicht, habe ja auch sehr viel Zeit dazu, es zieht mich nichts hinaus, in die kalte Witterung. Vom Hustensaft bin ich endlich nun befreit. Sonst weiß ich Dir nichts mehr mitzuschreiben, was Dich interessieren würde. Vielleicht kann ich Dir morgen mehr mitschreiben. So sei nun von ganzen herzen recht innig gegrüßt und geküßt von Deinem immer an Dich denkenden
Erich

 

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