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Brief (Transkript)

Erich Grießhammer an seine Ehefrau am 1.12.1942 (3.2008.1747)

 

Kriegslaz. Dno. d.1.12.42



Meine kleine Wally!

Es tut mir ja so Leid, daß ich Dich so lang hab warten lassen mußt, aber als Entschädigung sollst Du einen ganz langen Brief bekommen. Aber erst muß ich Dir für Deine lieben Briefe bedanken und gut Deiner Nummerierung, der Briefe, so habe ich bisher B 9 42 noch erhalten, es war am gleichen Tage meiner Verletzung, so daß ich den Brief erst hier lesen konnte. Aber ich schreibe Dir so selbstverständlich von meiner Verl., als ob Du schon wüßtest, aber ich glaube wirst etwas erschreckt darüber sein. Ich will Dir gleich einen kleinen Bericht schreiben: Also am 15.11. hatte ich Dir, glaube, den letzen Brief geschrieben. Seit 16.11. hatten wir dauernd einzelne kleine Angriffe. Es liegen schwere Tage hinter uns. wenig Schlaf, starker Frost, Schneestürme. Wer kann sich ein Bild davon machen? Wohl niemand der Rußland nicht selbst erlebte. Du wirst auch im Heeresbericht vom Ilmensee lesen und ich glaube auch der Ort Doropetz, od. so ähnlich heißt das Nest, wirst Du dann nicht übersehen haben. Am 27.11. früh ca. 6 Uhr ging die Hölle los, die Teufelchen tanzen im Gelände umher. Ja und da ist es mit passiert. Brauchst Dir aber keine Sorgen zu machen um mich. Was ich verletzt habe kann ich Dir noch nicht schreiben, ich will erst die nähere Untersuchung abwarten. Der Greif ist seinen Führer los, wir werden uns nicht wiedersehen. Es kann möglich sein, daß ich nach Deutschland komme, da, wie auf meinem Verwundetenzettel, draufsteht, ich einer Spezialbehandlung bedarf.
Nun will ich weiter schreiben, eben gab es Mittag, bestand aus: Kartoffelbrei mit Bohnen Gulasch, als „Mittelspeise“: Tomatensuppe, Nachspeise: Haferschleim mit Apfelmus, als Schluß: Ein Glas Seckt.
Es tut mir deswegen Leid um Greif, ich hätte ihn gern behalten, nun ist es nun einmal nicht zu ändern. Ich sehe ihn noch wie er heulte als man mich wegbrachte. Er wurde richtig wild nur gut das er an der Kette lag, ich glaube die Leine hätte er durchgebissen.
Meine liebe Wally, wie geht es Dir? Ich denke doch gut? Um mich brauchst Du Dir nun wirklich keine Gedanken mehr zu machen, daß beweist schon meine Bettnummer 13. mein Glückszahl und auch die Schwesterchen sorgen Mütterlich für uns. Die Post wird mir auch nachgesandt werden, sobald ich ein weilchen feste Adresse habe, auch von Dir kann ich leider vorläufig nichts empfangen, denn morgen kann es vielleicht schon weiter gehen nach Deutschl. erst muß ich eben die Untersuchung abwarten, jeden Augenblick können die Krankenträger mich dazu holen, aber hoffentlich bekomme ich den Brief noch fertig. Ich hab ja noch soo viel auf dem Herzen, so daß ich befürchte ich werde nicht fertig. Erst einmal Greif: Ich habe Deinen Rat angenommen und ihn zum Nichtraucher erzogen und die Zigaretten selbst geraucht. Nun kommt das Hühnchen, was ich mit Dir zu rupfen habe, dran. Das mit den Freundinnen ist gut und stimmt bis auf eines. Also paß gut auf und nimm es Dir zu Herzen. Die vielen bist Du allein, denn Du zählst für hundert und was brauche ich da mehr? Ponnymajo? So haste wieder eine Lecktion weg. – Mit dem Kranz, eh der Elektrisierung kann ich mit gut vorstellen, wie Du in B A schriebst, aber ein guter Schreck ist auch was wert, man nimmt sich nächstesmal in acht, andernfalls wäre ich Dir ja bald gefolgt. Besonders danken muß ich Dir noch für 13.9. Er war so schön lang und es steckt die ganze Wally zwischen den Zeilen, heiter und ernst wie das Leben sein sollte. Auch wir beide wollen uns zu den frohen Menschen einreihen und unsere Schwermut beiseite legen, denn fühlst Du nicht wie ich? Endlich einen guten Menschen gefunden zu haben, dem man vertrauen und glauben kann. Geteilte Freude doppelte Freude. Was braucht man mehr?
Zum Glücklich sein braucht man nur Lust
Zur Arbeit und zum Leben
Ein einig Herz in unsrer Brust,
was kann es schönres geben?
Du wirst verstehen was ich Dir sag
und zu mir Liebe finden.
Glaub an mich nun unverzagt,
In Treue wir uns binden!

Ja liebe Wally ich muß Dir ganz recht geben. Ich habe die besten Eltern der Welt und bin ihnen vieles schuldig und es war wirklich schlecht von mir so zu denken, aber es gibt eben momente wo man seine Heimat vergisst, wo man nur die gegenwart sieht. Na das ist vorbei. Ich bin ja so sehr dankbar, daß Du mich um so vieles leichter gemacht hast. Ehrlich gesagt, ich freue mich jetzt direkt auf die Zukunft. Mit Dir das Leben teilen zu dürfen. Meine kleine Wally, jetzt glaube ich aber langsam zum Schluß kommen zu müssen, denn meinen Eltern will ich auch gleich schreiben, daß auch sie sich keine Sorgen mehr machen. Bis jetzt hat mir noch Zeit gelassen zu Deinen Brief. Den Bogen mit den Gedichten lege bitte in mein Buch und auch die 3 kleinen von Ilmensee. So und nun alles Gute.
In Liebe grüßt Dich Dein kl. Erich

Grüße bitte Deine lieben Eltern von mir. Ist Dein Vater wieder gesund? Wenn nicht dann teile ich geduldig sein Schicksal und wünschen uns baldige Genesung

 

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