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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 29.8.1944 (3.2002.7567)

 

Munster Lager, 29.8. 44

Mein liebes Mädel.

Heute Mittag, wie ich nach dem Essen auf dem Bett lag, erhielt ich Deinen Brief vom 26., wofür ich Dir bestens danke. Dein Schreiben war mit Liebe durchmengt, ich habe es noch mal in der blühenden Heide gelesen. Ja, Jockele, es ist wirklich schön und lieb, wenn man auf der Welt eine Gefährtin hat, die mit inniger Freude des Priemeleins gedenkt. Dann mag die Welt noch so toll sein, man findet in Gedanken ans Heim die Ruhe und den Frieden wieder. Haben wir doch wirklich schöne Zeiten in den vergangenen Jahren erlebt, wovon man auch hier in der dürren Heide von zehrt.
Hier lebt man tatsächlich wie hinter Gittern. Jedoch zum Abendessen im Kasino muß man sich noch stets umziehen. Das Essen nehmen wir Fähnriche in einem Saal ein, Tische weiß gedeckt, mit Blumen geschmückt. Das Essen ausreichend und sehr schmackhaft zubereitet. Es gibt aber nur einen Gang. Von den Ordonanzen wird serviert, dann nach dem Essen noch ein Glas Bier getrunken und gemeinsam von Tisch aufgestanden.
Dann hole ich mir meistens eine Zeitung und im Kreise der Kameraden wird die Lage durchgesprochen, nun die ist keineswegs rosig, sondern nähert sich mit Riesenschritten der Entscheidung. Der Feind rückt uns mit seinen überlegenen Waffen immer näher, und bald werden wir Waffen einsetzen müssen, gegen die V 1 ein Luftgewehr ist, aber die uns die notwendige Vorherrschaft im Kriegsgeschehen sichert. Da glaube ich fest daran, ebenso wie viele der tatkräftigsten Soldaten. Natürlich sehen Menschen, die nur sich selbst und das eigene Wohl kennen, das Ende mit Schrecken nahen, behalten die Hände aber selbst müßig im Schoß.
Wer nicht töricht ist, muß die schicksalhafte Berufung des Führers erkennen, der trotz mehrfacher, fast 100% sicherer Mordanschläge glückhaft mit dem Leben davon kam. Umsonst geschieht das nicht, das beruht nicht immer auf Zufälligkeiten.
Ich habe in den letzten Tagen sehr mit mir gerungen, ob ich mich als aktiver Nazi nicht doch noch zur Waffen-SS melde, weißt Du, der Kampf ist da zwar härter, aber politisch reiner. Auch wird das Führerkorps besser ausgesucht sein, denn hier kommt es jetzt drauf an. Es geht im letzten entscheidenden Kampf um die höchsten sittlichen und völkischen Werte des Volkes. Aber nicht jeder will 10 Minuten vor 12 sein Leben in die Schanze schlagen. Dies ist aber in der SS nicht so.
Aber ich glaube jetzt nach Überlegung, daß ich erst den Lehrgang beenden will und bei der Infanterie trotz alledem wirklich Gelegenheit haben werde, mich politisch und kämpferisch zu betätigen. In diesen Tagen sind 5 Jahre vergangen, und wir stehen fast genau dort wie damals, was ist nicht alles inzwischen geschehen, darum muß nun bald die Entscheidung fallen. In Frankreich, Polen, Rumänien, Italien, Ungarn und Bulgarien gärt es und die Menschen schlagen sich untereinander die Köpfe ein. Paris und Warschau werden wohl Gelegenheit haben wie Rom, kennenzulernen, welche Besatzung besser ist, die der Deutschen oder der internationalen Wehrmacht.
Von uns sind schon viele von hier abgestellt worden. Wer weiß, wann wir rankommen.
Schreibe Dir man die Zugverbindung nach Oldenburg auf. Die Frauen der Kameraden sind nicht auf Kleiderkarte gefahren, sondern haben Zwischenstation gemacht, sodaß keine 100 klm. einmalige Fahrt rauskam. Ich finde das nicht richtig. Wenn schon die Einschränkungen aus besonders wichtigen Gründen erfolgen, so soll man sie als einsichtiger Mensch auch beachten. –
Also heute warst Du bei Ursi Bünz. Na, ich bin ja gespannt, wünsche Dir alles Gute und besten Erfolg. Sag man Deiner Mutter davon, sonst regt sie sich unnötig auf. Du bist doch auch Mutter und wünschst sicher auch keine Geheimnisse des Kindes. Sonst leidet das Vertrauen darunter.
Ja, mein Lieb, die Bilder sind tatsächlich gut geworden, sie sind ja direkt lachhaft. So sieht Dieter doch auch uns? Aber er hat eine etwas besser formulierte Nase wie sein Vati, das macht wohl die ergänzende Erbmasse! Laß man den Butscher noch baden gehen solange es möglich ist. –
Nun hat wohl Kellinghusen Gesprächsstoff genug und die ehelosen Frauen ihre schönste Lebenszeit gehabt. Halte Du Dich in Gesprächen zurück. Sage klipp und klar Deine Meinung, aber stehe auch dafür ein. Klatschen überlasse den Menschen, die glauben, dazu besonders befähigt zu sein. –
Nochmals besten Dank für Deinen so lieben Brief, ich gedenke Deiner oft, wenn ich über die stille, blühende Heide gehe, von der ich Dir einen Blütenstrauß der „Erika“ sandte.
Es hat Dich lieb Dein Bua.
Grüß mir bitte Gogo und Dieter.

 

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