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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 14.5.1944 (3.2002.7567)

 

Sonntag, d.14.5. 44.

Meine liebe „Fru“.
Wieder ist eine Woche vergangen. Tage voll schwerer Handarbeit liegen hinter uns, man ist das Schaffen mit der Kreuzhacke und Schaufeln doch nicht gewohnt. Dazu lastet der Staub schwer auf Augen und Lunge.
Wenn alle Bomben, die uns zugedacht waren, ihr Ziel getroffen hätten, wäre von der Kriegsschule nicht mehr viel übrig geblieben. Jedoch sind die meisten Würfe in den Park gefallen. Nun mußt Du wissen, daß die Mauer, die die Schule umgibt, eine Länge von 6 Kilometer hat, also schon ein respektabler Raum, der hier eingefriedet wird. Dazu kommen die vielen Gebäude, an Menschen wohnt hier wohl ungefähr die Hälfte der Zahl wie in K.
Hier sind sehr viele Bomber abgeschossen. Die Gefangenenaussagen ergaben u. a., daß diese Luftbanditen für einen Flug 5 000. Mark nach deutschem Wert bekommen, wenn sie glauben genug Geld verdient zu haben, so fliegen sie nicht mehr, sondern gehen in ihren Beruf zurück. Einer der abgeschossenen Flieger flog seinen 25. Feindflug und hatte zu diesem freudigen Ereignis seine Frau! mitgenommen. Er konnte sich durch Absprung retten, während sie verkohlt in Trümmern gefunden wurde.
So, nun am Nachmittag geht es maschinell weiter. Ich will nun auf Deinen Brief eingehen. Du, ich habe keineswegs alle Fragen, die uns damals bei der Prüfung gestellt wurden, richtig beantwortet. Ich habe die Wolga ins schwarze Meer münden lassen. Man kann nicht alles wissen. Na, das gefällt Dir wohl, in Schlagsahne zu schwelgen was?
Es wundert mich doch, daß meine Aktentasche schon angekommen ist, ich habe den Brief an die Feldeinheit schon weg. Ist das Geld schon dort angekommen? Schreibe mir bitte gleich, wenn es dort ist, und sende Du mir erst mal 50,- Rm. Damit ich wieder etwas Kasse habe, denn mit 1.40 Rm. pro Tag kommt man nicht weit.
Daß Gogo für das Sofa noch 50 Mark bekommen hat, ist viel. Dann ist ja allen damit gedient. Ihr seid es los, und der Frau ist ein großer Gefallen getan worden. Nun ist also auch in unserer Bützower Wohnung Einquartierung gekommen? Tante Marie in Rostock hat nun auch durch eingeschlagenen Blindgänger Bombenschaden am Dachboden und den Fenstern, aber sie will im Hause bleiben. Tante Frida aus Stettin ist bei den Eltern in Pyritz, da in Stettin zu viele Schäden sind. Ihr Mann ist ja auch gestorben. Weißt Du eigentlich davon?
Es tut mir sehr leid, daß Annis Verlobter gefallen ist, so muß noch mancher sein Opfer bringen, bis wir Not und Tod dieses Weltenbrandes überstanden haben. Zur Zeit spitzt sich die politische u. militärische Lage derart zu, daß ich doch annehmen muß, daß die Angloamerikaner die Invasion auf Europa wagen wollen. Das gibt dann erstmal eine Entspannung, und zum anderen kommt dann der harte Kampf um die Vormachtstellung in Europa. Es freut mich, daß Du Dich im Namen unseres Dieters für sein Geburtstagsgeschenk bedankt hast. Das war richtig so.
Herbert schrieb mir gestern auch einen Brief, daß er Gehaltsaufbesserung bekommen hätte. Seine Frau u. Kinder sind zur Zeit wieder in Pyritz. Er ist nun auch Betriebsobmann dort geworden, also unentbehrlich. Ich gönne es ihm, er hat ja Jahre nichts gehabt. Für mich wäre jetzt in der Heimat die beste Arbeit wertlos, denn als Soldat muß man sich doch besonders bewähren. Hoffen wir, daß es nicht umsonst war.
Nun will ich schließen und weiter schreiben, wenn wir morgen von Wien heimkommen.
Ich muß noch meine Handschuhe nähen und zum Abend essen.
Gestern hab ich den Film „Zirkus Renz“ gesehen. Hat mir sehr gut gefallen. Also erstmal aufhören. Ich gedenke Deiner und des Jungens sehr, schade, daß wir nicht im Frühlingswald spazieren können.
21.30 Uhr.
Ich denke soeben, daß es besser ist, diesen Brief noch zu beenden, dann hast Du einen Tag eher Post, denn man freut sich doch immer wenn Post kommt, nicht wahr?
Also beste Grüße von Eurem Priemel u. Vati.

 

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