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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 23.9.1943 (3.2002.7567)

 

23.9.43

Liebes Mädel.
Heute früh erhielt ich Deinen Brief vom 17. Inzwischen hast Du mit Deinen Gästen Geburtstag gefeiert, und ich schaute „aus dem Rahmen“ zu.
Nun liebes Mädel, haben wir heute Offiziersunterricht gehabt, da ist man wieder etwas wach gerüttelt worden. Weißt, wir hatten einen ungeheuren fesselnden Vortrag über die Pflichten des Unterführers gehört und haben viel dabei gewonnen, um das wieder den Rekruten beizubringen. Es ist ja immer das Vorbild, was wirkt, denn das hat man ja jeden Tag vor sich.
Man muß ungeheuer an sich selbst arbeiten, um immer Vorbild zu sein.
Bei diesem Vortrag wurde mir so recht der Persönlichkeitswert der Kollegen Lehrer bewußt. Da kann man ja Studien treiben.
Wie geht es denn Euch so im täglichen Leben? Ich denke, daß ich mal einen recht ausführlichen Brief über Dein Geburtstagsfest erhalte. Du wirst bemerkt haben, daß ich in letzter Zeit anschaulicher u. ausführlicher schreibe, das mit Absicht, denn durch die lange Trennung kann sonst eine Entfremdung eintreten, da ich ja hier einen Dir gänzlich fremden Wirkungskreis habe. Daher sollst Du, soweit es möglich ist, mir in Gedanken folgen. Ich bin hier in einer Stube mit 12 Männern untergebracht, da hier sehr wenig Platz ist.
Meine Gruppe, die ich zur Zeit habe, liegt auf einer anderen Stube. Es sind alles junge Burschen, einige wirklich dumm. Da muß man sich mächtig anstrengen, denen was beizubringen, zumal sie auch körperlich keine flotte Erscheinung sein können. Heute Nacht machen wir einen Nachtmarsch. Paket mit Fußlappen noch nicht erhalten. Ich habe sogar paar ganz neue Stiefel bekommen. So, nun erst mal
Schluß. –
Sonnabend
So, nun will ich Dir noch einige Zeilen senden. Gestern Abend sind wir auf nächtlichen Spähtrupp kreuz u. quer durch Heide und Dünen. Ich muß sagen, es hat mir Spaß gemacht, die jungen Rekruten haben ihre Sache gut gemacht und hatten selbst Freude daran. Heute früh haben wir einen 25 klm. Marsch gemacht. Aber das sind für uns, trotz neuer Stiefel, ja nur „kleine Fische“. Es ist doch anfangs ein komisches Vergnügen, wenn man nun auch mal zuerst gegrüßt wird. Und während des Marsches ohne Gepäck hinten marschieren kann. Aber dafür ist man auch für den Anzug und das Auftreten der Männer seiner Gruppe verantwortlich. Einer ist dabei, das ist ein notorisches Schwein, der sieht immer gleich dreckig aus. Nun sollen seine Kameraden dafür sorgen, daß er sich ändert.
Heute habe ich große Wäsche gehalten, während Revierreinigen war. Anschließend haben wir „sauniert“. Weißt Du, was das ist? Ein Rekrut wußte nicht, was eine Sauna ist, er sagte „Sauladen“ dazu. Die Kameraden haben sich hier so ein Saunabad gebaut. Ich will Dir mal beschreiben, wie das so vor sich geht. Also ein Raum, in einer Ecke ein offener Herd auf dem ein Haufen Feldsteine heiß gemacht wird. Durch aufgegossenes kaltes Wasser entstehen Dampfschwaden, die sich auf die Badenden legen. An zwei Wänden stehen stufenweise Bänke, auf denen wir nackend sitzen. Der Schweiß bricht langsam, dann schneller aus den Poren und fließt dann in kleinen Bächen den Körper herab. Wenn ein Eimer Wasser auf die Steine gegossen wird, benimmt der Wasserdampf einem den Atem und alles verschwindet mit Tempo von den oberen Bänken. Anschließend wird man im Nebenraum mit kaltem Wasser übergossen und abgerieben. Das tut aber gut!
Sonntag.
Nach einem ausgiebigen Schlaf und einem guten Frühstück begann ich den Sonntag. Anschließend war dann 2 Stunden Dienst. Das Essen ist hier ganz fabelhaft, es gab gestern Abend zum Beispiel eine Fleischsuppe mit Nudeln, die glänzte vor Fett. Da hab ich aber reingehauen, sodaß ich annehmen kann, hier die eingefallenen Backen wieder aufzufüllen. Ich lege an noch zwei Zulassungsmarken, bewahre sie gleich den anderen auf und sende sie bitte nicht nach Karl, denn ich spare sie nur deshalb auf, um im Winter im Osten etwas davon zu haben.
Denke auch daran, Handschuhe, Wollschal, Fäustlinge, Ohrenschützer zu überholen, damit ich sie beim Urlaub mitnehmen kann. Übrigens lassen sich jetzt nicht mehr die Monate, wie bisher, sondern die Wochen, bis zum Urlaub zu zählen sind. Ende Oktober, also in 4 – 5 Wochen, die ja so schnell verlaufen, kreuze ich bei Euch auf. Also können wir uns ja etwas danach einrichten. Besorge mir bis dahin das kleine Büchlein von Walter Flex: „Wanderer zwischen zwei Welten“. Umgehend, also sofort, schreibe mir die 23 Programmpunkte ab, Du findest sie im Buch „Mein Kampf“ und auch in meinem Mitgliedsbuch der Partei verzeichnet. Also bitte!
Ja, Jockele, nun wird Euer Vati ja bald erscheinen, in dieser langen Zeit der Abwesenheit habt Ihr Euch ja schon an meine Fehlerscheinung gewöhnt. Aber die zwei Wochen wollen wir recht ausnutzen, denn es ist der erste und letzte Urlaub in diesem Jahre.
So, nun will ich den Sonntagsschrieb beenden. Ich wünsche Dir guten Empfang. Euch allen Dreien recht herzliche Grüße von Eurem Priemel u. Vati.
Heil u. Sieg.

 

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