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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 28.7.1943 (3.2002.7567)

 

O.U. 28.07. 43

Mein liebes Mädel.

Ich schreibe Dir nun den zweiten Brief, denn den gestrigen habe ich natürlich wieder mal im Umschlag nach Pyritz gesteckt, ja, ja, das sind Alterserscheinungen. Aber was ich geschrieben habe, kann diesmal gelesen werden.
Post werde ich wohl vorerst nicht von Dir bekommen, da das Feldpostamt in H. aufgeflogen ist. Nun geht die Post über Kiel.
Am Sonntag habe ich vormittag gewaschen, am Nachmittag am See gelegen und gebadet. Das tat gut, aber weniger der dann folgende Sonnenbrand. Am Abend waren wir ins Kaffee Sögard, wo wir Bratkartoffel mit Spiegelei und anschließend Sahnetorte gegessen haben. Es war sehr schön dort und dann ging es mit gemischten Gefühlen in den Keller. Am Nachmittag flogen die Briten in rauhen Mengen über uns nach Deutschland ein, um dort wieder Frauen und Kinder zu morden.
Na, hoffentlich läßt die Vergeltung nicht mehr lange auf sich warten, denn den Burschen müssen mal die Flügel gestutzt werden. Zur Zeit ist unsere Luftwaffe ja etwas überbeansprucht. Denn in Italien müssen wir auch erst Ordnung schaffen. Ich sehe da noch nicht so schwarz, denn es kann nun möglich sein, daß der König mehr Truppen zum Einsatz bringt als Mussolini, da diesem ja nur die Miliz zur Verfügung stand. Ich glaube, daß unsere Truppen Sizilien halten werden. Nun ist es doch gut, daß wir Afrika geräumt haben. Ja, in Hamburg ist wohl Verschiedenes zerstört worden, auch das Haus unseres Unteroffiziers ist futsch. Von seiner Familie hat er leider keine Nachricht. Auch von uns ist einer vermißt, der zur Zeit da war.
Nun denke daran, Gasmasken zu besorgen, denn der Tommy versucht alles, um uns auf die Knie zu zwingen. Und das darf ihm doch nicht gelingen. Frag Max Heyer nach den Anschriften. Nun erstmals Schluß, denn es geht wieder auf Wache.
Nach einem wunderbaren Mittagsschlaf schreibe ich nun weiter. In der Nacht habe ich nur 3 Stunden schlafen können. Und dann sind die Bedingungen hierfür im Wachlokal denkbar ungünstig.
In den Nachtstunden habe ich viel Deiner gedacht und festgestellt, daß wir in den 10 Jahren unseres Zusammenlebens doch schon sehr viele schöne Stunden und Erlebnisse miteinander gehabt haben. Weißt Du, es ist so schön, des Nachts, wenn die Luft so lau und der Mond so glitzert, daran zu denken, daß irgendwo südlich von hier ein Mädel im Heia-Luli liegt, vielleicht vor Wärme auch nicht schläft und die gleichen Gedanken haben könnte. Und so erleben und durchdenken wohl Tausende von Soldaten die Nächte.
Wie geht es dem Dieter denn? Erzählt er noch viel von P., ich denke doch, daß er Gogo manches erzählt hat. Der kleine Bursche war am Mittwoch am Strand doch recht müde, ich denke gerade daran, wie er auf dem Sattel schnarchte. Ja, genauso geht es seinem Vati. Der kann auch überall schlafen. Bei dem kürzlichen Nachtmarsch bin ich während einer kleinen Pause auf der Chaussee auch sofort eingeschlafen. Meine Kameraden behaupteten sogar, ich hätte sehr geschnarcht.
Du, ich habe Euch noch direkt vor meinen Augen, Du in Deinem netten Kleid und der Bub in seinem blauen Anzug. Ja, es waren wieder mal ein paar schöne Tage. Davon müssen wir nun bis Dezember leben. Dann kommen 14 ganz faule Tage. Bis dahin heißt es aber noch tüchtig schwitzen und büffeln. Hoffentlich klärt sich die politische und militärische Lage bis dahin auf. Denn zur Zeit lassen die Gegner ja alle Register spielen. Daß wir im Osten standhalten, ist die Hauptsache, denn auf die Dauer hält der Bolschewik mit seiner Übermacht solchen Verlust an Material und Menschen auch nicht aus. Wir müssen Nerven behalten und auch alle in der Heimat haben keinen Grund, da irgendwie schwarz zu sehen. Es sah im Winter auf 1942 viel viel schlechter für uns aus. Die Gegner sind gezwungen, solche Anstrengungen zu machen, da ihnen der Krieg auch am Hals sitzt.
Also nehmt alle den Kopf hoch und redet weniger. Wir schaffen es schon.
Darum heil und Sieg
Beste Grüße von Eurem Priemel und Vati.

 

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