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Brief (Transkript)

Alfred Luchs an seine Ehefrau am 28.2.1943 (3.2002.7567)

 

Sonntag, 28. Februar 1943



Mein liebes Mädel.
Heute, am Sonntagnachmittag, ist Ruhe im Bau. Die meisten Kameraden sind mit ihren Frauen in der Kantine. Ich sitze am Fenster in der Sonne und will meine Gedanken durch die Feder aufs Papier fließen lassen, um Dir mitzuteilen, was wir in diesen Tagen so erlebt haben.
Also wohnen tun wir im Schloß Gottorp, ein mächtiger Bau, dem Jahrhunderte ihre verschiedenen Stilformen und Ereignisse aufgedrückt haben. Die ersten Tage vergingen mit schriftlichen und ärztlichen Erfassungen. Da waren wir immer im Gange, stehen, stehen und zur Abwechselung warten.
Voruntersuchung, Röntgen, Nachuntersuchung u. zwischendurch Hauptuntersuchung. Solange wie dieses Hinschreiben, dauert das Untersuchen ja nicht. Die ganze Kompanie ist bisher u. k. gewesen, am Montag kommen wieder neue Rekruten und am Sonnabend wieder. Unsere Tornister sind schon gepackt und ebenfalls die Koffer für die Heimat fertig gemacht. Ich hätte ja noch manches gebrauchen können, wenn wir in der Kaserne geblieben wären, aber so geht alles wieder zurück. Ebenfalls das Geld, da wir nur 10,- RM mitnehmen dürfen nach Dänemark. Wir kommen nach Oxbüll bei Esbjerg.
Es liegt an der Westküste und dort ist ein Truppenübungsplatz mit allen Schikanen. Da gibt es Dunst in allen Tonarten. Ich habe ja leider das Pech, die Anfangsgründe des Rekruten zum 3. Mal mitzumachen, aber man fühlt sich danach viel sicherer und ruhiger. Dadurch fällt man ja etwas auf, aber bisher nur zum Vorteil. Denn ich bin deshalb Stubenältester und brauche keinen Stubendienst und Flurdienst zu machen.
Allerdings bin ich für die ganze Stube verantwortlich, aber das geht bei uns gut. Denn wir sind so gut miteinander eingespielt, daß wir nur wünschen, daß wir beisammen bleiben.
Aber davon wird wohl nichts werden, da wir in D. mit 9 Mann auf die Stube kommen. Und dann nachdem wieder eingeteilt werden.
Alle unsere Ausbilder sind zwar jünger an Jahren, sehen aber nach 3 Jahren Krieg älter aus wie wir. Verwundet sind alle, einige schon 3 Mal.
Aber es ist eben Krieg und da müssen eben Opfer gebracht werden, aber anders als bei den Haussammlungen.
Denn der Krieg muß mit aller Härte geführt werden, da der Gegner unbarmherzig ist. Wir werden also erst geländegängig gemacht werden müssen, und dazu ist der Sand in der dänischen Heide wie geschaffen.
Wie geht es Euch denn? Dieter hat in Wrist ja fürchterlich geheult, er wäre wohl zu gerne mit gefahren, aber das ging ja nicht.
Nach einigen Tage Ruhe ist nun ja wieder Leben im Haus bei Euch. Die Jungens staunten ja wohl, daß ich nicht mehr dort bin. Da ich diesen einem Kameraden mitgebe, kann ich Dir mitteilen, daß wir zu 58. Division gehören. Kommandeur ist „von Graffen“, der kürzlich das Ritterkreuz erhielt. Der Vorgänger war von Briesen. Die Division liegt am Ilmensee. Also bekanntes Gelände. Aber es wird wohl Sommer werden, bis wir dorthin kommen.
Beste Grüße
Alfred
Montag bringen wir die Koffer zur Post. Eine Apfelsine für Dieter.
So, liebes Mädel, nun ist Sonntag. Ein Tag voll Sonne und Ruhe. Langeweile gibt es nicht, denn erstens hat ein Soldat ja immer etwas zu tun und wenn ich dann nach meinem Schrank sehe, dann bringt mir Euer Bild die Erinnerungen an Euch in der heimischen Wohnung. Sonst hätten wir heute sicher eine Tour gemacht, daß die Heide wackelt. Oder hattest Du keine Zeit? Na, laß man, Gretel, die Jahre, die wir zusammen verlebt haben, waren zwar mit Arbeit gesegnet, aber auch mit Erfolgen und schönen Freudentagen. So manches schöne Landschaftsbild unseres schönen Deutschlands haben wir gemeinsam gesehen und was ich nun zu sehen kriege, werde ich auch mit Deinen Augen betrachten.
Meine Zigaretten genießen größte Hochachtung. Die Apfelsine, die im Koffer für Dieter liegt, kostet 2 Zigaretten. Das Essen ist hier ganz prima. Heute gab es Schweinebraten mit Rotkohl, dazu noch Sternchensuppe. Fleisch haben wir noch jeden Tag bekommen, Ebenfalls genug Brot. Wenn wir hier bleiben könnten, würde ich noch dick. Wenn Du mich in Uniform sehen würdest, tätest Du staunen, denn meine Schnürschuhe verkörpern Europa. Der linke Schuh ist deutschen Ursprungs, der rechte französischen. Die Senkel sind aus Dänemark. Die Hose und der Rock sind geländetauglich. Viele der Kameraden haben neue Röcke, ich hätte mir auch noch einen besorgen können, aber ein alter Rock ist bei der Ausbildung leichter zu säubern wie ein nagelneuer. Also lege ich keinen Wert darauf, gesehen zu werden.
Nun will ich schließen und wünsche Euch alles Gute, Gogo einen guten Empfang in Khusen
Beste Grüße an Stafes und alle, die Wert auf meine Grüße legen.
Heil und Sieg.
Priemel.

 

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