Holland d. 22. IX. 40

Liebe Familie Martens!

Nun endlich komme ich dazu auch an Euch einen Brief zu schreiben. Ich bin in letzter Zeit doch furchtbar schreibfaul geworden, d. h. die Gelegenheit zum Schreiben ist hier nicht besonders günstig, denn wir müssen immer mit den Hühnern zu Bett gehen, weil wir kein Licht haben. Zu Bett gehen ist allerdings sehr übertrieben, denn wir liegen hier auf Stroh in einem Treibhaus, über das Stroh ist ein großes Mietenlaken gedeckt.
Mein lieber Ulli, wie ist es mit Deinem Geburtstag, ich weiß nicht, an welchem Datum Du Geburtstag hast aber, daß Du und klein Trudi in diesem Monat Geburtstag habt, weiß ich nun doch, nimm es mir bitte nicht übel, wenn ich es nicht so genau weiß. Ich möchte Euch beiden nun recht herzlich gratulieren, und Euch alles Gute für die Zukunft wünschen, Euer Hans.
Habe nun noch recht herzlichen Dank für den Brief, den Du mir schicktest, ich freue mich immer, wenn ich von Dir Post bekommen, Du weißt es doch am allerschönsten von der Wirtschaft zu schreiben. Mit dem Urlaubsgesuch, welches Ihr eingereicht hattet, ist natürlich nichts geworden, na, ich bin ja schließlich auch kein Urlaubssoldat! Allerdings hätte ich mich damals riesig gefreut, wenn es geklappt hätte, aber die anderen Kameraden wollen ja auch gerne fahren. Ulli, Du schreibst die restlichen Jahrgänge wären jetzt auch schon gemustert, Paul Kröplin wird sicher schon in Aufregung sein, nicht wahr? Ulli, wie ist Dir manchmal zumute gewesen, wenn Du zwischen all den Weiblichkeiten gesessen hast? Na, ich hätte dort sein mögen, zumal die Jugend auch vertreten war, die holde Weiblichkeit hat sich sicher sehr stark gefühlt? Wie sieht es in der Wirtschaft aus, was machen die Lupinen? Wenn das Wetter noch so ist dort, dann kann man wohl einpacken, oder habt Ihr gutes Wetter, wie ist es mit dem Heu? Mutti schrieb mir Ihr wäret jetzt auch schon mit den Kartoffeln angefangen, wie ist die Löhnung der Kartoffeln? Wir sind ja sehr froh, daß wir aus Frankreich raus sind, aber der gutgestellte Holländer ist doch sehr stark mit dem Tommy befreundet, die hoffen ja auch alle, daß wir noch absacken und er den Krieg gewinnt. Hoffentlich fängt die Geschichte mit England bald richtig an, denn noch einen Winter hier herum liegen wäre doch furchtbar. Heute abend wollen Albrecht u. ich wieder auf Entenjagd, das ist doch immer eine ganz herrliche Abwechslung für uns, denn sonst wissen wir auch nicht was wir machen sollen, versaufen, so wie es die anderen machen, wollen wir unser Geld nun doch nicht, dazu ist es zu schade. Nun möchte ich Dir und Deiner Frau nochmals alles Gute wünschen, herzliche Grüße
D.O.
Mieke schrieb mir, in Wolken soll jetzt wirklich mit den Elektrischanlagen begonnen werden, ist das wahr?