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Brief (Transkript)

R. B. an seine Eltern am 19.10.1941 (3.2002.7227)

 

Im Felde, d. 19.10.1941
erh. 14.11.41



Liebe Eltern!

Heute ist bereits der 20./10. Gestern bin ich nicht über Anrede und Datum hinausgekommen. Na, aber jetzt wird’s wohl für etwas mehr langen. Seit gestern haben wir wieder Tauwetter, der Schnee ist verschwunden, ebenso der schöne feste gefrorene Boden. Die Wege unseres Vormarsches sind wieder Schlamm u Morast. Für gewöhnliche Lastkraftwagen ist da kaum ein Durchkommen. Ihr könnt Euch sicher denken, daß wir da tüchtig ran müssen. Dann sind kleine Brücken zu bauen oder auszubessern, was manchmal sogar Spaß macht. Abends oder nachts geht’s zu den Russen in die Blockhäuser. Die Bauern haben in der Regel einen Raum, in dem sich das ganze Leben abspielt. Den großen Kamin, der gleichzeitig auch Schlaflager ist, findet man überall. Neben dieser Feuerstätte etwas erhöht die Schlaflager für die Kinder. Darunter befindet sich in den meisten Häusern das Kartoffellager. Dicht am Ofen hängt dann noch ein Wassereimer. Einige Bänke u. Tische bilden das restliche Mobiliar. Wenn das Völkchen die nötigsten Arbeiten verrichtet hat, legt es sich auf die Fellmäntel u döst in den Tag hinein. Daß sich in diesen Buden Ungeziefer befindet, liegt klar auf der Hand u daß man davon nicht ganz verschont bleibt bei den intimen Verhältnissen ist auch klar. Hoffentlich hat der ganze Laden hier bald ein Ende. Mein Gruppenführer Uffz. König hat in den letzten Tagen das EK I bekommen; er hatte es auch bestimmt verdient. Als aktiver Unteroffizier hat er sich in allen schwierigen Lagen gut bewährt. Auf ihn konnte man sich immer verlassen, auch wenn es brenzlich herging. Im Dämmern sitzen wir, sofern Gelegenheit ist, oft um ihn, wenn er seinem Akkordeon die schönsten Melodien entlockt. Dann ist es selbstverständlich, daß Volks- und Soldatenlieder mitgesungen werden. Mir geht’s soweit gut. Das eklige Geschwür ist wie weggewischt. Seit Tagen warte ich nun wieder auf Post, schon über 10 Tag bleibt der Postsack aus. Die schwierigen Wegeverhältnisse lassen nichts durchkommen. Bei Euch zu Hause ist doch sicher alles in bester Ordnung u wohlauf. Euch liebe Eltern u Oma alles Gute u die herzlichsten Grüße aus dieser unfreundlichen Gegend von
Eurem R.

 

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