Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Vater an Adalbert Huber am 13.3.1943 (3.2002.7130)

 

ohne Datum (13.3. 1943)



Lieber Bertl!

Schon lange wollte ich Dir wieder einmal schreiben und immer kam wieder ein Hindernis. Daß die Kommode fertig und seit dem letzten Luftangriff im LS Keller steht, wird Dich vielleicht auch interessieren. Nun können wir auch behaupten einen schweren, sehr schweren Angriff hinter uns zu haben. Heute wurden die Opfer beerdigt ungefähr 90. Es wird gesagt, daß noch Verschüttete in den Kellern lägen. Jedenfalls arbeitete gestern der Bagger in die Donnersberger nah „Röckelein“ und beförderte rauchenden Schutt und Trümmer auf die Lastwagen und in der Schellingstr. VB Verlag wird fieberhaft gebaggert. Die Leute behaupten die ganze Nachtbelegschaft sei noch im LS Keller. Besonders bedauernswert sieht die Staatsbibliothek aus und auch das Zentralblindeninstitut. Weiter oben Ecke Von-der-Tann-Straße gegenüber der b. Regierung d.h. also auf der Rückseite der große Staatsbau ist sehr stark ausgebrannt. Auch das braune Haus und die dahinterliegende Registratur ist ebenfalls niedergebrannt. Auch das Baulager an der Teresienstraße ist vollständig verschwunden die Siedlung hinter der Herrnbrauerei dort wo unser Garten stand ist sehr stark demoliert, das nebenanliegende Ausländer- und Gefangenenlager ist ganz verschwunden, ebenfalls ein solches in der Hanauerstr. In der Borstei hat es gerade den Teil erwischt in dem der Henneberger wohnte, er selbst ist 2 Wochen vorher ausgezogen. Das Verbrennen des Inhaltes des kleinen Gaskessels soll ein schaurig schönes Bild gewesen sein. Viele Brände gab es in der sehr losen Siedlung Gaswerk und dem Dorf Moosach und an der äußeren Dachauerstr. bis zur Landshuter Straße. In einem Dreieck Dachauer Maria-Ward-Str. sind im Feld neue Sprengtrichter innerhalb 200 m. Ob die unserer Schule oder der neuen KDF-Siedlung an der Pasingerstr. gegolten haben weiß ich nicht. Jedenfalls liegen die Trichter genau in der Mitte zwischen beiden. Am schlimmsten sieht es aber in der Dachauerstr. zwischen dem Baulager „Bauers Nachfolger“ und dem Leonrodplatz aus. Das Sanitätsdepot und vor allem das Heeresverpflegungsamt sind fast ganz wegrasiert. Was dort die englischen Bomben nicht taten, verrichten die Explosionen der gelagerten Dinger. Auch an den „Ausläufern“ der Bauten der Artilleriekaserne Dachauer-Leonrodstr. hat es auch noch 3 Stellen erwischt. Der Westen und Nordwesten Münchens ist jetzt ein einziges „Glasscherbenviertel“, Jetzt sind wir „gesättigt“. Wir wünschen uns keine Wiederholung solcher Schreckensnächte. Jedenfalls danken wir dem Herrgott, daß wir so gut wegkommen. Unsere ganze Umgebung im Umkreis von 2 km ist mit Brandbomben gespickt und leider auch vielen Sprengbomben, Kanister und dergl. Es geht dies einem schon auf die Nerven, ich soll demnächst notwendig ein paar Fahrten zu Verwandten machen, man traut sich nicht über Nacht auszubleiben. Im übrigen kam heute Abend die Mitteilung daß der alte Brenninger gestorben ist. Ich soll also am Montag doch fort fahren. Fast 80 Jahre ist er alt geworden, rüstig und schaffensfreudig wie ein Junger und nun ist er sehr schnell gestorben. Und nun schließe ich jetzt, jetzt hat Du gewiß viel erfahren, wie es in der Richtung nach Pasing gewesen ist werden Dir Deine Leute in Pasing schon mitteilen. Und nun lieber Bertl viel Glück fernerhin und herzliche Grüße - von Deinem Papa.

 

 



Ansicht des Briefes

 

Briefe aus diesem Konvolut:
top