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Brief (Transkript)

Günter Stegmann an seine Eltern am 29.3.1945 (3.2002.1298)

 

Quedlinburg, den 29.3.45



Liebe Eltern!

Mittagszeit ist vorbei, es ist jetzt nach 3 Uhr und der Betrieb hat ein Ende. Unsere Arbeit ist getan. Meine beiden Kameraden sind schon lange nach Haus, ich mache heute Spätdienst, d.h. ich gebe von 5-7 Uhr den Kaffee heraus. Die Zwischenzeit will ich nun dazu benutzen, Euch wieder einen Gruß zu senden. Wir haben uns hier in unserem Betätigungsfeld rasch und gut eingelebt. Es macht Spaß, vor allem auch wohl deshalb, weil wir sehr viel allein machen dürfen, und nicht dauernd einer dabei steht und aufpaßt. Ich habe mich gewundert, wieviel Vertrauen wir von Anfang an genossen, es ist auch ehrlich nicht schwer, Truppenverpflegung zu kochen. So bin ich wieder recht gut und sicher für die nächste Zeit aufgehoben. Zum Essen haben wir auch genug. Ich danke recht herzlich für die Marken, ich werde sie mir für gute Gelegenheiten aufheben. Ihr bewundert meinen Optimismus, nun warum? Seht, - im anscheinend tiefsten Dreck findet sich immer wieder ein Lichtblick, warum den Kopf hängen lassen, es geht schon wieder aufwärts. Das Wort eines unserer Größten ist schon richtig. „Nur wer sich aufgibt, ist verloren“ Warum verzweifeln, wenn einmal die Welt einzustürzen droht, und wenn schon, wird auch wieder aufgebaut. Nur mit frohem Mut kann man schwere Zeiten überwinden, kann man sich die Kraft zu neuem Beginnen erhalten, dem finstersten Schicksal ein noch härteres Trotzdem entgegen setzen und ich glaube, daß sich das Schicksal gütig zeigt. Nun Worte lassen sich leicht sagen, weiß ich denn selbst, ob ich sie, so wie sie sind, halten kann, noch brauchte ich es ja nie. Noch war mir immer das Glück hold. Wenn es einmal nicht mehr recht weiter gehen wollte, oder sonst einmal der Himmel voller Wolken hing, bald wurde es doch immer wieder besser.
Eure Briefe vom 14. – 19. habe ich dankend erhalten. Nun laßt den Kopf nicht allzu sehr hängen, denkt an die Millionen Andern, denen es noch viel schlimmer ergangen ist. Hoffen wir, daß wir alles weiter so gut durchstehen, dann wird schon wieder alles werden. Zum Klagen ist noch Zeit genug, wenn man im Abgrund sitzt, und es vorbei ist, aber nicht vorher sich das Herz mit unnötigen Ballast beschweren.
Draußen ist es heute ziemlich ungemütlich, hier drin läßt es sich aushalten. Den Tag über kommen wir kaum nach Haus und Vormittags gibt es auch ganz schön Arbeit, aber dafür haben wir auch gut zu Essen. Über Langeweile kann ich mich jetzt nicht mehr beklagen.
Wie geht es Euch daheim? Ihr habt doch hoffentlich bei den letzten Alarmen nicht auch wieder etwas aufs Dach bekommen? Der Osten scheint eine ziemlich windige Ecke zu sein.
Habt Ihr Ostern gut verlebt, ich will es hoffen.
Für heute möchte ich schließen.
Recht herzlich grüßt Euch alle
euer Günther

 

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