Nach Zeitraum suchen

von 
bis 
SUCHE ZEITRAUM
Bestandskatalog PDF

Brief (Transkript)

Günter Stegmann an seine Eltern am 9.5.1943 (3.2002.1298)

 

Fels, den 9.5.43.



Meine liebe Mutti, lieber Papa!

Endlich komme ich wieder zum Schreiben. Wir kommen überhaupt nicht mehr zur Ruhe, gestern war schlechtes Wetter. So hatten wir vormittags Unterricht und Revierreinigen und nachmittags ging es ab ins Gelände. So verging auch der Sonnabend im Dienst.
Heute vormittag haben wir keinen Flugdienst, erst nachmittags und denn habe ich U.V.D. es wird ein ruhiger Tag werden.
Seit Anfang dieser Woche machen wir Kunstflug. Ich will ehrlich sein, beim Einweisungsstart ist mir schlecht geworden. Wie eine wilde Taumelscheibe schoß die Erde aus den verschiedenen Winkeln heran. Jetzt aber macht es mir nichts mehr aus. Es macht Spaß, dem Flugzeug mit allen Rudern seinen Willen aufzuzwingen. Loping und Toern kann ich schon ganz gut. Ab und zu falle ich natürlich noch aus einer Figur heraus, und dann geht es im Sturzflug nach unten. Wie hat man früher die Kunstflieger bewundert, es ist aber alles gar nicht so schlimm. Hoffentlich geht es jetzt gut weiter, der tote Punkt ist hoffentlich überwunden, im Kunstflug bekam ich gestern sogar ein Lob. So fliegen die Tage dahin, und man weiß nicht wo die Zeit bleibt. Abends nach Dienstschluß ist man immer ziemlich müde. Wenn wir noch nachmittags Flugdienst haben und um 8 Uhr nach Hause kommen, hat man zu nichts mehr Lust, dann geht’s gleich in die Falle. Denn 1 Stunde Kunstflug bringt immer eine kleine Mattscheibe mit sich.
Unendlich schön ist es aber, so durch die Luft zu toben, tief und ganz klein ist unten die Erde, wie ein Bild schaut es hier aus. Im Süden die Alpen, im Westen und Norden ragen die Berge des Bayrischen Waldes aus dem Dunst heraus, und in der Mitte über der Donau, drehen wir unsere Kapriolen, unten ziehen ab und zu die großen Raddampfer mit ihren Kähnen wie Spielzeug vorüber. Gestern war die Sicht wieder prima. An den Alpen hatten sich Stauwolken gebildet, wie auf einem Mondteppich zeichneten sich die davor liegenden Gipfel der Alpen ab. Wenn nach blauem Himmel die Erde verkehrt herum langsam wieder heraufzieht, erst die Gipfel dann immer mehr, bis im Stürzen die Erde wieder genau vor einem liegt, dann unten wegzieht und im Horizontalflug der Horizont wieder vor einem liegt, dann ist der Loping fertig. Es ist schön, immer neue Eindrücke kommen und gehen, so schnell, daß die Gedanken nicht folgen können, man muß es schon erlebt haben. Hoffentlich hat dieses Glück nie ein Ende.
Ist es bei Euch auch so schön die Sonne lacht heute wieder und mit ihr freuen auch wir uns. Das Leben ist schön.
Wie geht es Euch daheim, wart Ihr draußen im Garten. Was macht Berlin?, gibt es was neues?
In wenigen Tagen werdet Ihr Hochzeit feiern. Ich will hoffen, daß es recht nett wird. Ich komme natürlich nicht, denn während der Schulung gibt es keinen Urlaub. Wenn alles gut geht, komme ich mitten im Sommer als Flugzeugführer auf Urlaub. Dann können wir genug feiern. 14- 21 Tage gibt es, und dann nehme ich Euch mit nach hier und dann sollt Ihr einmal eine der schönsten Landschaften kennen lernen. Du lieber Papa kannst auch einen guten Tropfen Wein trinken. Aber wer weiß, vielleicht bin ich dann längst abgelöst
Vorhin mußte ich mich unterbrechen. Nicht einmal Sonntags lassen sie uns in Ruhe. Wir haben auf dem Flugplatz Wege gewalzt. Ich glaube der Alte ist wahnsinnig geworden. Jetzt ist Mittag, es wird wieder was nettes geben. Ich futtere mich hier noch fett, zusammen mit dem was Du schickst, habe ich mehr als genug. Vielen Dank für das Päckchen mit dem Hemd und dem Geld. Schicke doch bitte keins, liebe Mutti, ich könnte Euch ja auch etwas senden. Erstens wird man hier nichts los und zweitens bekomme ich ja alle 10 Tage 10 RM. Die netten Dinge Deiner Päckchen reichen fast immer von einem zum andern mal. Ich meine Bonbons und Kekse.
Keine Angst der Füllhalter war schon kaputt. Nun möchte ich aber Schluß machen. Andere sollen auch noch einen Brief bekommen. Vor allen Dingen muß ich doch Gerda zur Hochzeit gratulieren. Möge sie glücklich werden und es nie bereuen, sich so früh gebunden zu haben. Besser ist es aber so, denn dann wird sie um so weniger auf eine falsche Bahn kommen. Gerade als Soldat sieht man es immer wieder wie leichtfertig die Mädel sind. Ich will nichts dazu sagen, wer weiß wie es mir einmal geht.
Hoffentlich seid ihr gesund und munter, habt keine Angst um mich.
Recht herzlich grüßt Euch euer
Junge

 

top