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Brief (Transkript)

Georg Splettstößer an seine Ehefrau und Kinder am 20.6.1943 (3.2002.1295)

 

20.6.43



Liebe Frau u. Kinder!

Wir sind nun wieder abgelöst u. liegen im zerstörten Dorf. Haben einen Bunker, so ungef. wie in der Illus. gezeichnet. Harte Bretter stellen die Betten dar, es schläft sich aber prima drauf wenn man müde ist. Schon der alte Fritz hat so geschlafen. Es ist heute Sonntag u. die noch anwesenden Madgas (Frauen) u. Malenkas (Mädchen) haben sich fein gemacht. Es ist ziemlich ruhig u. man könnte die Ausschaltung der Gedanken annehmen, als wäre es tiefster Friede. Unter den Malenkas gibt es saubere Dirnl u. man könnte schon Appetit kriegen wenn nicht die berüchtigte Krankheit wäre, u. außerdem kommt ja auch sowas garnicht in Frage. Weißt noch Pfingsten 1938 in Fürstenweiler? Da hatte ich mir soviel versprochen u. dann warst Du soo müde u. ich soo wütend! Dann die unliebsame Störung in der Nacht durch Deine Fliegenjagd. Dann meine Anschnautzer „so eine Rücksichtslosigkeit“! Dann die Laube mit den schönen Sprüchlein! Es war doch eine schöne Zeit trotz Butterkarte. Ich habe uns einen schönen Herd im Freien gebaut, kochen unsern Kaffee u. Tee, das tun aber nur wir älteren Papas. Es sind 3 junge Dachse, 18 u. 19 jährig in unserer Gruppe, alles Ostmärker (die beiden netten Wiener sind einer anderen Gruppe zugeteilt, wir sehen uns aber täglich) sie sind sehr faul, der Brunnen liegt 100 m entfernt, glaubst Du sie holen einmal aus freien Stücken Wasser? Lieber waschen sie sich nicht u. verzichten auf den Tee.
Es ist ja klar, daß wir Papas mehr Ahnung von der Wirtschaft haben, wir sind so gewissermaßen ihre natürlichen Betreuer, aber etwas mehr williger könnten sie sein. Sie denken nur an zu Hause u. sind sehr bedrückt. Ich nehme sie oft ins Gebet, dann sind sie einige Zeit kuriert, sie nehmen sich meine Mahnung etwas zu Herzen u. widersprechen auch nicht. Und seltsam, böse sein kann ich den Burschen nicht, wir haben oft Spaß mit ihnen. Den Humor haben wir noch lange nicht verloren. Eben kommt ein Wiener, wir wollen doch wieder Karten spielen. Aber erst muß der Brief noch voll. Vor einer Stunde haben wir prima im Tschepplbach gebadet. Nun liege ich draußen auf der Decke, nur mit dem Turnhöschen bekleidet u. schreibe. Es ist jetzt gegen 15 Uhr, bald wird die Küche kommen so gegen 18 Uhr u. mit ihr die geliebte Feldpost. Moebus liegt im Lazarett, was er hat, weiß man noch nicht, er hat dauernd Fieber. Schroeter hat schon lange Durchmarsch u. mir geht’s unberufen gut. Habe gestern einen Artikel über das „Rätsel um die Ostfront“. Einmal werden wir wieder antreten zur Offensive, ob im Osten oder im Westen, weiß man nicht, der Angriff ist ja bekanntlich die beste Verteidigung. Ich rechne im Juli mit großen Ereignissen. Der Führer wird schon Richtige wählen u. entscheiden. Heute habe ich bestimmt wieder Post von Dir, gestern ist keine Post gekommen. Nun drängeln die Kam. schon, sie wollen spielen, ich werde ihnen wieder was abknüpfen. Es küßt Euch in steter Liebe
Euer Vati.

 

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