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Brief (Transkript)

Franz Siebeler an seine Eltern am 11.10.1941 (3.2002.1285)

 

Russland, 11.10.41.



Ihr Lieben Alle!

Soeben erhielt ich Euren lieben Brief v. 17.9., über den ich mich wie immer riesig gefreut habe. Ich weiss nicht, wie ich es Mutti danken soll, dass Sie sich abends den Schlaf abspart, um mir zu schreiben. Ich will, bevor der Marsch weitergeht, gleich den Brief beantworten. Um es gleich vorweg zu sagen, es geht mir gut. Nach Beendigung des Kessels, an dem wir hervorragend beteiligt waren, sind wir schon wieder ein Stück weiter zum Meere vor gestossen. Heute noch werden wir wohl an die Gestade des Asowschen Meeres gelangen. Das Wetter ist noch ganz gut. Der kalte Wind ist zur Gewohnheit geworden. Gestern Nachmittag sind wir Kradfahrer vorgerast, um dem Regen und dem damit verbundenen Matsch zu entgehen. Wir hatten Schwein und sind in letzter Minute mit Hängen und Würgen im Nachtquartier eingetroffen. Dann war alles ein Schlamm. Die Nacht über wehte ein starker Wind, sodass heute früh alles wieder trocken ist. Gott sei dank, denn dann können wir auch wieder fahren. Lange kann ja der Krieg nicht mehr dauern. Vorgestern haben wir einige tausend Gefangene eingebracht, darunter auch Flintenweiber. Ganz verkommende Gestalten. Der Feind war vollkommen eingeschlossen und auf dem Schlachtfeld lagen hunderte von toten Russen herum. Ein Greuel der Verwüstung! Alles lag durch- und übereinander! Genug davon. – Wolf macht wohl jetzt Versorgungsminister. Da tut mein Fahrrad wohl gute Dienste. Hühner und Enten schlachte wir auch manchmal, zur Erhaltung unserer Leistungsfähigkeit. Das Essen ist sonst ganz gut. Man isst alles, da es der Hunger reintreibt. Verwöhnt war ich ja nie. Von Meckern wird’s ja leider nicht besser. Ist’s Mittagessen nicht berühmt, dann wird eben mehr Brot gegessen. Auch trocken, wenn’s sein muss. Mein Wissen wäre nun wieder mal erschöpft. Also Schluss für heute! Schliesst mich in Euer Gebet ein. Tausend Grüsse und Küsse von Eurem Jungen.

Schickt bitte Briefumschläge!

 

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