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Brief (Transkript)

Franz Siebeler an seine Eltern am 12.10.1940 (3.2002.1285)

 

Weimar, den 12.10.40.


Ihr Lieben!

Mit grösster Freude habe ich heute Euer Paket erhalten. Da habt Ihr ja allerhand leckre Sachen beigelegt, die mir vortrefflich schmecken werden. Die Weintrauben und die Bonbons mussten schon dran glauben. Wenn der Nachmittag dienstfrei ist und man die Post erledigt, knabbert man gern etwas dazu. Den Schlafanzug werde ich später zurückschicken. Es ist unterdessen eine Verordnung gekommen, dass nur Nachthemden getragen werden dürfen. Wir haben zwei Stück bekommen, die auch reichen werden. Zwei Decken haben wir zum zudecken und die Zimmer sind geheizt, sodass zu klagen kein Anlass besteht. Teilt mir doch bitte auch mal mit, ob ich nicht meine eigenen Strümpfe und Hemden bezw. Unterhosen von Zeit zu Zeit schicken kann, damit sie richtig gewaschen werden. Hier und dazu mit kaltem Wasser wird das doch nie richtig. Das Handtuch werde ich auch dabeilegen, weil wir jede Woche eines bekommen. Da kann man sparen! Mit dem Essen lässt sich gut leben. Nur die Butter ist knapp. Für 9 Mann eine Scheibe den Abend. Und diese muss man sich noch für den nächsten Tag aufheben, weil es nur einmal in der Woche Marmelade gibt, die dann höchstens 3 Tage reicht. Aber Wurst, Käse usw. gibt’s genug. Speck pro Person pro Abend rd. 100 g. Und Wurst ebensoviel. Heute gibt’s Weintrauben als Nachtisch. Ferner 1 Fl. Bier. Das Mittagessen ist sehr gut und sehr reichlich. Man kann nachholen, soviel man will. Das einzige, was Ihr mir von Zeit zu Zeit schicken, ist Gelee. Aber alles andere wird natürlich gern akzeptiert. Die kl. Wurst hättet Ihr lieber essen sollen, denn von der grossen habe ich erst ein kleines Stück verzehrt. Die Plätzchen sind prima, prima!!
Heute früh war Vereidigung. Ganz feierlich. Anschliessend dienstfrei. Vielleicht kann ich nächste Woche einige Bilder schicken. Morgen ist für die Evangelischen geschlossen Gottesdienst. Ist Befehl von der Abteilung und alle müssen mitgehen. Vielleicht kommen wir später dran. Morgen können wir wahrscheinlich noch nicht hingehen, da wir nur 25 Katholiken sind, und das Grüßen noch nicht gelernt haben. Aber vielleicht klappt’s doch. Ich bin gespannt, wer sich hier als guter Katholik zeigt. Eichsfelder sind die meisten!
Wir haben hier noch keinen Alarm gehabt. Hoffentlich bleibt Ihr und wir nächstens damit verschont. Dass Mutti bei zweimaligen Alarm mit Feuerwerk gebubbert hat, kann ich bestimmt verstehen. Ist auch ein bischen viel. Das alte Rasiermesser kann nicht wieder repariert werden. Die ganze Klinge ist fast hin. Der Mila habe ich auch geschrieben. Herzlichen Dank, Mutti, für die Strümpfe etc. Hat sicher viel Arbeit gemacht. Morgen werden wir ausgeführt und damit zum 1. Male die Kaserne verlassen. Bis jetzt hat man sich die Zeit mit Briefeschreiben vertrieben. Nun wird man mal wieder die Freiheit sehen. Der Kuchen ist auch alle, habe ihn immer morgens zum Kaffee gegessen. Nun muss ich schliessen, denn gleich kommt das Abendessen.
Herzliche Grüsse an Papa, Mutti, Wolf, und Mathilde Euer Rekrut! Werde bei allem was ish verzehre an Euch denken! Für Wolf sammle ich weiter Schecks [?]. Ist nur sehr schwer welche zu bekommen, da viele selbst sammeln!
Nochmals beste Grüsse

Franz

 

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