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Brief (Transkript)

Helmut Nick am 17.7.1940 (3.2002.0274)

 

17./7.40



Liebes Mädel!

Dachte heute Post von Dir zu bekommen, hat sich aber leider nicht bestätigt. Na ich bin ja ein geduldiger junger Mann. Einmal wird ja auch unsere Post wieder normal laufen. Hab Deine Hausschuhe heute abgeschickt, hab erst Packpapier besorgen müssen, das war nicht so einfach.
Bei mir ist jetzt wieder Zeit, wo ich von mir aus nicht viel berichten kann. Der Dienst ist so normal wie in Friedenszeit, sogar mit exerzieren und den beliebten Appellen. Einige Wochen, wenn nicht Monate wird das hier wohl noch so weitergehen. Aber eins ist wohl sicher, vor Ende des Jahres sind wir wieder zu Hause (wird auch Zeit, wirst Du denken). Nach Dienst abends wird geschwommen, Fußball gespielt, Sachen instand gesetzt, Skat gekloppt: segensreiche Tätigkeit. Angeblich sind wir für eine Woche wegen einer besonderen Sache abgestellt. Wir leben nebenbei bestimmt nicht schlecht, schon dadurch, daß wir im ländlichen Bezirk liegen. Die Verpflegung ist bestimmt gut, trotzdem kauft man schon mal ein Pfd. Landbutter zum enormen Preise von 30 Pfg. oder ein paar Eier 6 Stck. 15 Pfg. oder 1 Schnitzel zu 12 Pfg. Sonst ist allerdings nichts zu haben hier. Die Landwirtschaft ist bis auf das Vieh ziemlich verludert. Überhaupt ist es nicht Deutschland hier – faul und zum großen Teil dreckig ist das Volk. Betteln einen um Bonbons und Cigaretten an. Moralisch ist die Bevölkerung auch ziemlich versaut, wenigstens hier wo wir sind. Wie ich höre ist’s anderswo nicht besser. Unter der „großen Nation“ hat man sich doch was anderes vorgestellt. Ein gewonnener Krieg kann ein Volk doch verflucht verkommen lassen. Wir haben jetzt wenigstens eine für deutsche Begriffe saubere Frau gefunden, die unser Zeugs wäscht.
So von mir hab ich genug geschrieben. Möchte doch mal wieder bei Euch sein, um zu sehen wie es dort ist. Ich glaub nun, daß es mit Urlaub ziemlich dünn ist. Bald wird’s ½ Jahr, daß ich nicht dort war. Es wird schon so werden, wenn ich jetzt komme, werde ich nicht wieder fort brauchen, aber etwas dauern wirds noch. Na, fassen wir uns in Geduld, lb. Mädel, die längste Zeit der Trennung haben wir auf jeden Fall hinter uns.
Grüß mir herzl. Peterchen, Luise u Eltern und selbst, mein lb. Mädel recht liebe Grüße u. Küsse
Helmut

 

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