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Brief (Transkript)

Hans-Günther Thormann an seine Ehefrau am 06.03.1945 (3.2002.1323)

 

6.3.45



Meine innig geliebte Li!

Auch gestern hatte ich keine Post von Dir. So hoffe ich von Tag zu Tag. Wenn ich nur wüßte, ob Ihr schon aus Berlin heraus seid. Gestern Abend hörte ich wieder den Flaksender – ½ 9 – und erlebte abermals einen Angriff auf Berlin mit. Als die Meldung durchkam, daß ein Teil der angreifenden Flugzeuge über Potsdam einflog, habe ich doll gebetet, daß sie nur in Wannsee keine Bomben werfen möchten. Die letzte Post von Dir datierte vom 16.2. Seitdem sind 3 Wochen vergangen. So habe ich die stille Hoffnung, daß Du doch einer besseren Einsicht gefolgt bist und nach Mecklenburg fuhrst. Leider war es mir nicht möglich, ein Fernschreiben an Dich aufzugeben, wie ich es ursprünglich wollte. Dann hätte ich Dir nämlich geraten, nicht länger in B. zu bleiben, sondern mit den Kindern und Betty Berlin zu verlassen. Deine Eltern wollen ja angeblich nicht aus Berlin raus. – Mir geht es nach wie vor gut. Ich bin nur gespannt, wie lange wir wohl noch hier in der Stellung bleiben. Drei Wochen sind es heute genau seit wir herzogen. Wir hätten es hier bestimmt noch eine ganze Zeit ausgehalten, aber wir sind richtige Wanderburschen geworden, heute hier und morgen dort. Die Front ist bei uns im Abschnitt ruhig. Lediglich einige Flieger sieht man dann und wann, und die feindliche Ari schießt leichtes Störungsfeuer. Durch unsere Bunker geht aber nichts hindurch. – Jeden Abend habe ich einige Stunden Vermittlungsdienst am Klappenschrank gemacht und Gespräche überwacht. Keiner hatte natürlich damit gerechnet, daß ich in der Telefonvermittlung säße und so konnte ich ein paar Mal überraschend einschreiten. – Wetter ist herrlich. Gestern habe ich 2 Stunden im Liegestuhl in der Sonne gesessen und gepennt. Das Gesicht brannte mir nachher richtig etwas. Vorgestern Abend war ich recht lange auf dem Gefechtsstand. Nachdem daß nun unser Arzt Schußtag [?] hatte, schloß sich am Tage darauf Lt. Röhrl an. So kam ich Sonntag früh glücklich gegen 3 Uhr nach Hause und wäre am liebsten um 10 Uhr ins Bett gegangen. Ich kann einfach nicht die richtige Stimmung aufbringen für so etwas. Muß immer an Euch denken. Bin dann manchmal so schlechter Stimmung, daß ich die Leute anschnauze, sobald mir etwas nicht ganz gefällt. Na, sowas gibt es ja immer. – Den Liegestuhl möchte ich mir am liebsten mitnehmen, wenn wir hier eines Tages wieder fort müßten. – Habt Ihr schon wieder mal Nachricht von Fritz gehabt? Wo mag er stecken? Ich glaube nicht, daß man ihn nach England transportiert hat, sondern er wird irgendwo in Frankreich in einem Lager sitzen. – Hoffentlich kommt im Osten bald der ersehnte Umschwung. Auch im Westen tut es not. – Der Wehrmachtsbericht meldet, daß es auch bei Bologna scheinbar jetzt wieder etwas lebhafter wird. – Eben höre ich, daß wir wohl heute Abend wandern, und zwar dorthin, wo wir beim letzten Mal waren. – Bleibt behütet, Ihr Lieben. Grüß bitte alle. Ich denke in Liebe an Dich und grüße Dich herzlichst. Innige Küsse von
Deinem getr. Hans

 

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