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Brief (Transkript)

Hans-Günther Thormann an seine Ehefrau am 12.02.1945 (3.2002.1323)

 

12.2.45



Meine heißgeliebte Li!

Bald muß ich mich wieder nach Briefpapier umsehen. Mein Vorrat geht erschreckend schnell zu Ende. Na, ich werde schon irgendwo etwas auftreiben. – Gestern bin ich erst spät abends zum Schreiben gekommen. Den Brief hat Voigt heute früh mit in die Protzenstellung genommen. Ich werde übrigens mein Amt doch, also die vertretungsweise Führung der Einheit, bald los, wie ich gehört habe. Und zwar bekommen wir einen neuen Chef. Obst. Weber kommt nicht wieder, erhält wohl andere Aufgaben. Mir ist es gleich. Ich hoffe, mit dem neuen Chef, den ich bisher nicht kenne, auch auszukommen. Und ich bin sowieso meistens weit von ihm entfernt, da er sich hinten aufhält und ich vorne bin. Sitze jetzt meistens jeden Abend einige Stunden mit meinem Kommandeur, Hptm. Oldorp, dem neuen Adjn und Lt. Nordhoff zusammen. Der bisherige Adjn, mit dem ich auch schon einige Male etwas aneinandergeraten war, weil er reichlich anmaßend war, ist Oblt geworden und befindet sich jetzt irgendwo in Italien auf einem Kursus. Er kehrt auch nicht mehr zu uns zurück. Den wären wir also los. Mit dem neuen Adjn, Frh. v. Löffelholz, ist vorläufig prima auszukommen. Er ist ein sehr vornehmer, feiner Mensch und hoch musikalisch. Er spielt perfekt 4 Instrumente. Hat auch richtige Musikerhände. Meine kann ich nicht daneben legen. Das ist wie Tag und Nacht. – Der Winter scheint hier vorbei zu sein. Auch nachts friert es nicht mehr. Dafür ist draußen ein entsetzlicher Dreck, besonders von meinem Qartier zum Gefechtsstand. Es ist beinahe schade, sich die Stiefel jeden Morgen so gut zu putzen, denn nach 50 Metern sehen sie wieder toll aus. Und doch tue ich es und muß es tun, um meinen Leuten ein gutes Beispiel zu geben. Sonst werden die ihre Schuhe auch nicht mehr putzen. – Ich hoffe, daß in den nächsten Tagen einer von den Freisprechern auf Urlaub fährt. Der muß dann ein kleines kg Päckchen in Deutschland für Dich aufgeben. Vielleicht kann ich es hier schon stempeln lassen, da ja doch nur Feldpostpakete befördert werden. Die Möglichkeit, 10 kg Pakete zu schicken, ist vorbei. Ich wüßte auch nicht, was ich hier hinein tun sollte, höchstens Weizenmehl. Rindertalg ist leider auch nicht zu bekommen. Eine Dose habe ich noch stehen für Dich. Die gebe ich dem Urlauber mit. Außerdem haben wir gestern ½ Tafel – allerdings nicht sehr gute – Schokolade empfangen. Ich habe sogar eine ganze erhalten, da ich mit einem anderen seine gegen Zigaretten eingetauscht habe. Hoffentlich kommt alles gut an. Es ist schade, wenn so viel verloren geht. 100 RM hast Du wohl noch an mich abgeschickt? Ich bestelle mir hier nämlich noch Militärstoff f. Reithose und Rock. Den Stoff kann man immer gebrauchen. – So mein Kleines, für heute Schluß. Wir liegen jetzt in der Nähe folgender Stadt: Buchstabe 1+2: Anfang des Vornamens von Erikas Bruder, der jetzt auch eingezogen. 3 u. 4 = Anfang des Platzes, auf dem Du mit den Kindern gerodelt hast. Vielleicht bist Du jetzt im Bilde.
Bleibt mir alle behütet, Ihr Lieben. Ich denke jetzt so viel an Euch. Dich aber möchte ich jetzt bei mir haben und Dir sagen u. zeigen, wie lieb ich Dich habe.

 

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