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Brief (Transkript)

Walter Neuser an seine Eltern am 16.3.1941 (3.2002.0947)

 

16. III 41


Liebe Mutti!

Heute nacht habe in den Pausen meines Dienstes rasch einige Zeilen geschrieben. Den Brief habe ich heute früh einem Urlauber aus K’df mitgegeben; Grothe mit Namen. Ich hoffe, daß Ihr den Brief frühzeitiger und überhaupt erhalten könnt. Ich bin gerade bei der Durchsicht Deiner Briefe. Leider kann man das alles ja nicht aufheben. Es muß vernichtet werden oder zurückgeschickt, um uns von allem unnötigen Ballast zu befreien. Denkt bitte an das Geld und die Uhr bei Frl. Wilde. Nach allem Hin und Her scheint ja nun endlich der Hausverkauf geregelt zu sein. Lange genug hat es ja wirklich gedauert. Was ist eigentlich aus Bultmann geworden? Den Brief meiner Ankunft in G. habt Ihr mir ja im Brief v. 28.II. bestätigt. Die Nachricht über Bulgariens Handlung hat große Zufriedenheit unter uns Soldaten ausgelöst. Der Fredi wird sich ja inzwischen auch damit abgefunden haben, daß nun wieder eine gewisse Zeit vergehen wird, ehe ich wieder einmal kommen kann. Was ist eigentlich aus Kurt Kunigs Mutter geworden, nachdem die Ffo’er Ärzte nicht an die Operation heranwollten? Leni hat mir am 4.III. einen lustigen Brief geschrieben. Natürlich habe ich betreffs der Bilder auf Grund meiner windmachenden Ohren wieder so allerlei zu hören bekommen. Schickt mir bitte auch eine Photokarte mit. Elisabeth soll mal eine Aufnahme von den beiden „alten Herrschaften“ machen. Lenis Empfang bei der AEG scheint ja sehr humorvoll verlaufen zu sein. Wir hoffen ja nun heute abend auf den ersten Postempfang seit langer Zeit und sind gespannt wie kleine Kinder. Heute ist es schneidend kalt draußen. Striegenau = Schegowo
Wir sind immer noch beschäftigt mit dem Einrichten von Ställen und Quartieren. Es gibt ja so gut wie gar nichts auf diesen verluderten Höfen. Die Juden finden bei uns hinreißend Absatz und werden für alle erdenklichen Arbeiten herangezogen. Wer nicht will oder zu langsam arbeitet, sprintert. Zu lachen haben sie bestimmt nichts. Nun zu meinem Quartier. Wir liegen zu 6 Mann, 3 Uffz. u. 3 Gefr., Burschen der Offz., auf einer Stube, die wir uns selbst durch das Fenster requiriert haben. Über schlechte Behandlung seitens der Polen können wir uns eigentlich nicht beklagen. Eng zusammengepfercht liegen wir ja, aber was uns bindet ist der Konzertflügel, den Uffz. Soldner morgens, mittags und abends mit Beschlag belegt hat. So herrscht immer Stimmung auf der Stube. Außerdem habe ich es auch nicht allzu weit bis zu den Pferden. Sollte sich nun im Laufe der Zeit noch ein besseres Quartier herausschälen, müßte man es sich überlegen, da hier keine gewisse Ordnung entstehen will. Wir werden ja sehen, was die Zeit mit sich bringt. Wenn schon Urlauber und der Komd. in Urlaub fahren, müßte sich unsere Liegezeit auf einige Wochen erstrecken. Es mangelt an Zigaretten. Seht zu bitte, was sich da machen läßt. Das Antreten ist vorübergehend leider ohne den gewünschten Postempfang. Das gestrige oder vorletzte Couvert lohnt sich anzusehen! Ich entnehme gerade dem Notizbuch, daß ich die damalige VB-Rechnung nach Beeskow geschickt habe. Ich hoffe doch stark, daß sie inzwischen erledigt worden ist. Ferner wäre noch zu erwähnen, daß ich vor am 11.III. Obltn. Götz traf, der ebenfalls zu Pferde war, seiner Truppe vorausritt, um sein Quartier zu besichtigen. Er hatte an diesem Tage mit unserer Einheit das Quartier zu unseren Gunsten getauscht. Wir waren heute vormittag 2 Std. wieder mit den Pferden im Gelände. Es war mehr eine Strafe als eine Begünstigung infolge der Kälte. Man kann noch zufrieden sein, daß man seine warme Stube hat. Elisabeth möchte ich bitten, wieder etwas zum Lesen zu schicken, da hier die Welt buchstäblich mit Brettern vernagelt ist. - Es geht auf 11 Uhr. Wir haben uns heute abend noch elektr. Licht ins Zimmer gelegt, sodaß nun ein besseres Auskommen gewährleistet ist als mit der hier üblichen Petroleumlampe. Um 20 Uhr wurde Post verteilt. Ich erhielt somit Deinen Brief v. 11.III. u. die Kreisblätter v. 7. u. 10. bis 14.III.; außerdem ein Päckchen aus Diez v. 2.III. mit Kuchen, Zigaretten u. Briefkarte v. Onkel Arnold. Aus Deinem Brief entnehme ich schon, daß noch mehr Post von Dir auf der Bahn liegt. Ist ja tadellos, daß schon etwas von den Päckchen eingetroffen ist. Also nehmt es ein bischen genau mit der Aufstellung und setzt die Eingangsdaten dahinter. Für heute nun Schluß. Alles Gute u. viele Grüße

Euer Walter.

 

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